
Ein Vischap-Stein
Vischap (arm.: Վիշապ, Drache, große Schlange, auch Vishap oder Višap, vergleiche geo.: ვეშაპი, vešaṗi) sind böse Geister der armenischen Mythologie. Meist werden sie zu den Devs (Tiergeister der armenischen Mythologie) gezählt.
Angeblich soll ein Speer, den man in das Blut eines Vischap eintaucht, unzerstörbar und tödlich werden[1].
Vischap werden oft als Schlangen dargestellt und entstammen dem in Asien weit verbreiteten Drachen-Schlangen-Motiv. Andere Gestalten, die Vischap annehmen können, sind Maulesel, Kamele, Fische oder Schlangen. Wie z.B. Chinesische Drachen werden sie mit dem Wetter, vor allem mit Gewittern, assozziert. "Gewitter" heißt in Armenisch Vischap hanel (dt. Drachenaufstieg)[2]. Dies liegt daran, dass der Aufstieg eines Vischap von der Erde zum Himmel Gewitter auslösen soll[3].
Dennoch sind sie, anders als chinesische Drachen, den Menschen meist feindlich gesonnen und stehlen die Ernte aus der Tenne[4]. Sie sollen auch Kinder stehlen und den Menschen ein Wechselbalg dalassen. Der Feind der Vischap in den armenischen Mythen ist der Feuer-, Donner- und Kriegsgott Vahagn[3]. Ein bestimmter böser Vischap ist Azhdahak (arm.: Աժդահակ), eine Form des persischen Aži Dahāka.
Jedoch gibt es auch positive Darstellungen des Vischap. Als Herr über das Wasser steht der Vischap für Fruchtbarkeit und die Bewässerung der Felder im Sommer. Außerdem verteidigen die Vischap den Lebensbaum vor Dämonen.
Vischap-Steine[]
Eines der deutlichsten Zeichen des Vischap-Kults sind die überall im Armenischen Hochland zu findenden Vischap-Steine[5] (arm.: Վիշապաքար, vishapakar, dt. Schlangensteine, Drachensteine). Sie gelten als Vorläufer der christlichen Chatschkare, die seit dem Mittelalter auch oft mit Drachen- oder Schlangenmotiven ausgestattet sind[6].
Vischap-Steine stehen für gewöhnlich in natürlichen oder künstlichen Teichen und anderen Gewässern. Sie wurden aus massiven Steinblöcken gehauen und haben eine zigarrenartige Form mit einem Fisch- oder Schlangenkopf[7]. Aktuell sind etwa 150 Vischap-Steine bekannt, von denen ca. 90 in Armenien stehen[8].
Sage[]
Eine armenische Sage erzählt von einem Helden, der in der Unterwelt gefangen ist. Dort tötet er die Schlange Vischap, welche die Küken des Vogels Sīnam auf einem Baum bedroht, bevor er sich unter dem Baum schlafen legt. Der Vogel kehrt zurück und schützt ihn mit seinen Flügeln vor der Sonne. Als der Held erwacht, trägt Sīnam ihn zurück in die Welt des Lichts. Doch während des Fluges muss er den Vogel mit Schafsfett und Wein füttern. Als die Vorräte zu Ende gehen, schneidet er sich selbst etwas Fleisch aus dem Bein und gibt es dem Vogel. Doch Sīnam erkennt das Menschenfleisch und schluckt es nicht. So kann der Vogel später das Bein des Helden wieder heilen[9].
Das Motiv des Adlers, der den Helden als Dank für die Rettung der Küken aus der Unterwelt trägt, stammt aus dem Bärensohnmärchen[10] (siehe auch Juan Oso). Weitere Beispiele dafür sind Das Märchen von Prinz Mohammad, Der heilige Georg, die Lamia und die Schlange oder Shepherd Paul.
Quellen[]
- ↑ Gerhard J. Bellinger, Knaurs Lexikon der Mythologie. Über 3000 Stichwörter zu den Mythen aller Völker, Knaurs, ISBN 3-82-89-4154-0
- ↑ Stichwort „Vishap“. In: Manfred Lurker, Lexikon der Götter und Dämonen. Namen, Funktionen, Symbole / Attribute (= Kröners Taschenausgabe, Band 463), 2., erweiterte Auflage, Kröner, Stuttgart 1989, ISBN 3-520-46302-4
- ↑ 3,0 3,1 Vahan M. Kurkjian (2014), "Chapter XXXIV - Armenian Mythology". In: A History of Armenia, IndoEuropeanPublishing.com, ISBN 978-1604447712
- ↑ Carsten Colpe (1986), Götter und Mythen der Kaukasischen und Iranischen Völker, S. 156, Klett-Kotta, ISBN 3-12-909840-2
- ↑ Armen Petrosyan, Vishapakar. The Unique Megaliths of the Armenian Plateau – 2007.
- ↑ Patrick Donabedian (1995), Das Drachenmotiv in der Kunst der armenischen Teppiche in Armenien. Wiederentdeckung einer alten Kulturlandschaft (Ausstellungskatalog), Museum Bochum, S. 331
- ↑ Rouben Paul Adalian (2010), Historical Dictionary of Armenia, Scarecrow Press, ISBN 978-0810860964
- ↑ Vishap stones. Armenia's tallest monuments and their preservation issue
- ↑ C. V. Trever (1938). The Dog-Bird. Senmurw-Paskudj via Hanns-Peter Schmidt (2002), SIMORḠ, Encyclopædia Iranica
- ↑ Roslyn M. Frank (2021), Hunting for the Mythic Female Shaman Eagle, University of Iowa