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Martha-Tarasque-Legenda-aurea

Darstellung von 1402

Die Tarasque (lat.: Tarasconus) ist ein Drache aus französischen Sagen, nach dem die französische Stadt Tarascon benannt wurde. Er wurde schließlich von der heiligen Martha von Bethanien bezwungen.

Hintergrund[]

Tarasque de Noves

Der "Tarasque von Noves"

Die Vorstellung, dass Martha in die Provence gereist war, sowie die Drachentöter-Legende in Tarascon, kamen vermutlich erstmals im 12. Jahrhundert auf[1][2]. Im Jahr 1187 sollen in Tarascon sogar Knochen gefunden, die man als Überreste von Martha selbst identifizierte[3].

Es gibt mehrere schriftliche Quellen aus dem 12. Jahrhundert, die einflussreichste war vermutlich die Legenda aurea, die auch die Legenden anderer Drachentöter wie St. Georg oder Silvester I. bekannt machte[3]. Weitere Quellen mit ähnlichem Inhalt sind Pseudo-Marcellas "Leben der heiligen Martha" (geschrieben zwischen 1187 und 1221)[4] und Vincent de Beauvais Speculum historiale (um 1200)[2]. Ein weiterer Text mit stärker abweichendem Inhalt ist Vita Beatae Mariae Magdalenae et sororis ejus Sanctae Marthae[3]. Der Text wurde früher dem Fuldaer Gelehrten Hrabanus Maurus (780 - 856) zugeschrieben[5][6], wird heute jedoch auf das 12.[7] oder 13. Jahrhundert datiert[2]. In der Otia Imperialia (1210-1214) des Gervasius von Tilbury wird der Tarasque als landlebendes Gegenstück zum aquatischen Drac angesehen[8][9].

Da die Legendea Aurea direkt nach der Drachentöter-Sage erzählt, wie Martha einen toten Jungen zum Leben erweckt, vermutet Daniel Ogden Parallelen zu Sagen wie denen von den Aposteln Andreas und Thomas oder dem heiligen Ammon, die in ihren Drachentöter-Geschichten jeweils einen Jungen wieder zum Leben erwecken, der zuvor vom Drachen getötet wurde[10].

Vermutlich hat der Tarasque seinen Ursprung in mündlich überlieferten Volkssagen, die bereits vor der Assoziation mit der heiligen Martha existierten. Dies würde erklärten, warum das Monster eine so genaue, von typischen Drachenbildern abweichende, Beschreibung hat und warum der Ort des Geschehens so genau eingegrenzt ist. Beides ist unüblich für Heiligenlegenden, aber typisch für regionale Folklore[11]. Laut Louis Dumont war der Tarasque Teil der Pfings-Prozession, während Marthas Drachenkampf bei einem Umzug am 27. Juli dargestellt wurde. Er vermutet, dass der Tarasque ursprünglich Naturkräfte oder Feinde symbolisierte und nicht als böse, aber gefährlich angesehen wurde. Erst durch die Verschmelzung des Tarasque-Mythos mit der christlichen Hagiographie entstand die heutige Legende, in der St. Martha den Tarasque zähmt[2].

Der französische Archäologe Isidore Gilles vermutet sogar, dass die Sage nicht nur vorchristliche sondern vorrömische Ursprünge hat. Er sieht den so genannten "Tarasque von Noves", eine keltische Statue aus dem 3. bis 1. Jahrhundert vor Christus, als frühe Darstellung des Drachen[12]. Diese Interpretation ist jedoch sehr umstritten[2].

Sage[]

Taming the Tarasque, from Hours of Henry VIII

Illustration von Jean Poyer, ca. 1500

Der Tarasque lebte in den Wäldern am Fluss Rhone zwischen Arles und Avignon. Dort gab es zu dieser Zeit eine Stadt namens Nerluc. Der Tarasque lauerte im Fluss und griff jeden an, der übersetzen wollte. Die Legenda Aurea beschreibt den Drachen als halb Tier, halb Fisch, dicker als ein Ochse, länger als ein Pferd, mit schwertartigen Zähnen. Sein Kopf war der eines Löwen, und sein Rücken war bedeckt mit spitzen Schuppen. Seine sechs Beine trugen bärenartige Klauen, der Schwanz war der einer Schlange und auf beiden Seiten hatte er einen Panzer wie den einer Schildkröte. Ursprünglich soll der Drache aus Galatia stammen und das Kind des Leviathan und des Onachus sein[13].

Die Menschen baten Martha, die die Bevölkerung zum Christentum bekehrt hat, um Hilfe, und sie traf die Kreatur, die gerade einen Mann verschlang. Sie besprühte den Tarasque mit Weihwasser und hielt ihm ihr Kreuz entgegen, woraufhin dieser zahm wurde. Dann band sie ihm ihren Gürtel um den Hals und führte ihn in die Stadt, wo die Bewohner ihn mit Steinen und Speeren töteten. Nach dem Drachen wurde Nerluc in Tarascon umbenannt[13].

Symbolik[]

Die Beschreibung des Tarasque als Kreuzung zwischen dem Leviathan und dem Bonnacon (Onachus) ist symbolträchtig. Der Leviathan gilt als kosmisches Böses, mächtig genug, um nur durch Gott selbst besiegt zu werden. Der Bonnacon ist ein Tier, das in mittelalterlichen Bestiarien beschrieben wird. Wenn es gejagt wird, flieht es und hält die Jäger mit seinen Exkrementen auf, die Feuer fangen. Damit wurde es zum Symbol für Schmutz und Sünde. Damit erbt der Tarasque sowohl die Macht des Leviathans als auch das Abstoßende des Bonnacon. Gleichzeitig verliert es aber den Symbolcharakter typischer Drachen aus Heiligensagen, die als Zeichen des Teufels, des Bösen oder des Heidentums gelten[11].

Ebenfalls von anderen Drachen unterscheidet den Tarasque, dass er erst besiegt wird, nachdem die Heilige die Bevölkerung bekehrt hat. Damit kann er nicht, wie z.B. beim Apostel Philippus oder St. Georg als Beweis für die Macht Gottes dienen, um die Menschen zu überzeugen[11].

Feierlichkeiten[]

Desanat(1846)-Tarasque

Darstellung des Tarasque und seiner Träger von 1846

Im Jahr 1474 wurde am 14. April erstmals im Auftrag von René I. der Drachenkampf im Zuge des Pfingstfestes nachgestellt, um die Bürger von Tarascon zu unterhalten[14][15]. Am 29. Juli, dem Namenstag der heiligen Martha, wurde ein weiteres Fest gefeiert[16].

Im Zuge der Feierlichkeiten wurde ein nachgebauter Tarasque zweimal im Jahr durch die Straßen getragen, geführt von einer jungen Frau, die Martha darstellt[6]. Im 19. Jahrhundert fand das Fest nur sporadisch statt, z.B. in den Jahren 1846, 1861 und 1891[2]. Seit 1946 wird das Fest jährlich am letzten Sonntag im Juni gefeiert[17].

Gostling(1911)-p171-tarasque (cropped)

Frühes Foto der Prozession, veröffentlicht 1911

Im 19. Jahrhundert verwendete man einen Rahmen aus Holzringen, bedeckt mit Wachstuch, um den Drachen darzustellen[18][19]. Der Rücken war mit Haken und Dornen bedeckt, und das Maul enthielt mehrere Reihen von Zähnen[15]. Der Holzrahmen erforderte 8 Männer, um den Drachen zu tragen[19], ein später eingeführter Metallrahmen sogar 12 Männer[15]. Von innen konnte eine Person den Kopf steuern, so dass er das Maul öffnete und schloss[6], und in den Nasenlöchern befanden sich Zündschnüre, die Funken aussießen[15].

Heute wird der Drache auf einem Wagen transportiert[2], der von den so genannten Tarascaïres gezogen wird.

Tarasca in Spanien[]

Tarasca Valencia

Tarasca in Valencia, Spanien, 2007

In vielen spanischen Städten wie Granada, Toledo, Valencia[1] und Madrid[4] wird im Zuge der Fronleichnames-Prozession ein Drache namens Tarasca durch die Stadt getragen. Der älteste schriftliche Beleg für die Legende auf der iberischen Halbinsel stammt aus Sevilla im Jahr 1282, kurz nach der Reconquista der Stadt. Häufig beinhalten diese Prozessionen so genannte Tarasquillas[20], weibliche Figuren, die historische oder biblische Verführerinnen darstellen und auf dem Drachen reiten[1]. Historisch war es in Sevilla ein Junge namens Tarasquillo, der auf dem Drachen saß. Dieser wurde 1637 durch eine schöne Frau ersetzt und 1639 durch eine hässliche alte Frau[21]. In Kuba wird die Coca auch Tarasca genannt.

Abgeleitet davon bezeichnet das Wort "Tarasca" im Spanischen häufig eine zänkische Frau[4], ähnlich dem Wort Hausdrache im Deutschen.

Tarasca Barcelona

Tarasca von Barcelona, während der La Mercè Feierlichkeiten 2022

In Barcelona ist der Tarasque (cat.: la tarasca) eine der "Seguici Popular", die beim Eröffnungsumzug von La Mercè teilnehmen. Er kann Feuer, Wasser und Süßigkeiten speien und ist auch als Cuca fera (cat.: Wilder Wurm) bekannt. Historisch ist der Tarasque seit 1599 in Barcelona dokumentiert und wurde bis 1701 regelmäßig verwendet. 1993 wurde ein neuer Tarasque gebaut, der in den correfocs (Feuer-Umzügen) verwendet wird[22].

Trivia[]

Blason de la ville de Tarascon.svg

Wappen der Stadt Tarascon mit der Tarasque

  • Der Tarasque ziert heute das Wappen von Tarascon
  • Nahe der Stadt steht außerdem eine Statue des Drachen auf Burg Tarascon.
  • Der Dinosaurier Tarascosaurus wurde nach dem Tarasque benannt.
  • Eine in der vietnamesischen Halong-Bucht gesichtete, drachenartige Kreatur wurde ebenfalls nach dem Tarasque benannt[23].

In der Populärkultur[]

  • In Dungeons & Dragons ist die Tarrasque eine gigantische Bestie von echsenartiger Erscheinung und magischer Natur.
    • Die Tarrasque ist dafür bekannt, extrem schwer oder sogar unmöglich zu töten zu sein, da sie sich zum Kern des Planeten gräbt und sich dort auskuriert, sofern ihre Lebenspunkte auf 0 fallen. Es ist jedoch bereits ein Kraftakt, die Tarrasque auf 0 Lebenspunkte zu bringen, da sie nur durch epische Waffen Schaden nehmen kann und eine extrem hohe Magieresistenz hat. Zudem regeneriert sie ihre Energie extrem schnell[24].
    • Während auf der materiellen Ebene nur ein Tarrasque existiert, gibt es auf dem Planeten Falx (im Spelljammer-Setting) eine ganze Population davon[25].
    • Möglicherweise war der Tarrasque aus Dungeons & Dragons das Vorbild für den Behemoth aus Final Fantasy[26].
  • In der RPG-Serie Shin Megami Tensei ist Tarrasque ein Dämon, dessen Design sich stark an dem Mythos orientiert.
  • In der französischen Fernsehserie Dragon Hunters - Die Drachenjäger kommt ein Drache namens Tarascus Volosorum, der vermutlich auf der Tarasque basiert.
  • In Final Fantasy XII ist die Tarasque eine im Laufe der Evolution stark mutierte Eidechse, welche Hörner und einen krötenartigen Körperbau besitzt.
  • In John Topsells Buch Drachen ist der Tarasque eine der Drachenrassen, die von Drachenzüchtern gehalten werden.
  • Die Heilige Martha ist in Die Mächte des Feuers neben St. Georg eine der Drachentöter, die den Bund Officium Draconis gegründet haben, der zur Verteidigung Europas vor Drachen dient.
  • In dem Universum der SCP-Foundation war der Tarrasque eine französische Bezeichnung für SCP-682, einem alten Kosmischen Wesen das vermutlich auch die Basis vieler anderen Mythen war.

Quellen[]

  1. 1,0 1,1 1,2 David D. Gilmore (2008), Tarasca: Ritual Monster of Spain, Proceedings of the American Philosophical Society, 152 (3): 362–382, JSTOR 40541592, PMID 19831233
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 Louis Dumont (1951), La Tarasque: essai de description d'un fait local d'un point de vue ethnographique L'Espèce humaine, Gallimard, ISBN 9782070220762, ISSN 2649-8952
  3. 3,0 3,1 3,2 Diane E. Peters (1997), The Life of Martha of Bethany by Pseudo-Marcilia, Theological Studies, 58 (3): 441–460, doi:10.1177/004056399705800303, S2CID 56448114, ProQuest 212690323
  4. 4,0 4,1 4,2 Richard G. Salomon (1962), Aftermath to Opicinus de Canistris Saint Martha and the Dragon, Journal of the Warburg and Courtauld Institutes, 25: 137–146, doi:10.2307/750550, JSTOR 750550
  5. Jacques-Paul Migne (1852), B. Rabani Mauri fuldensis abbatis et moguntini archiepiscopi opera omnia, Aqud Editorem
  6. 6,0 6,1 6,2 Arthur Watson (1901), The Tarasque, The Antiquary, Band 37
  7. Eliza Gutch (1952), Saint Martha and the Dragon, Folklore, 63 (4): 193–203, https://doi.org/10.1080/0015587X.1952.9718131, JSTOR 1257108
  8. Gervasius von Tilbury (1210-14), Otia Imperialia via Felix Liebrecht (1856), Des Gervasius von Tilbury Otia Imperialia, Carl Rümpler, S. 88-89
  9. A few words about the story of the Tarasque in Felice Holman, Nanine Valen (1957), The Drac: French tales of dragons and demons, Scribner
  10. Daniel Ogden (2019), The Function of Dragon Episodes in Early Hagiography in Ingo Schaaf (2019), Animal Kingdom of Heaven: Anthropozoological Aspects in the Late Antique World, de Gruyter, ISBN 9783110601596, https://doi.org/10.1515/9783110603064-003
  11. 11,0 11,1 11,2 Patricia Brown (1998), The role and symbolism of the dragon in vernacular saints' legends, 1200-1500, University of Birmingham
  12. Isidore Gilles (1885), Tarascon de Provence: son existence historique dans l'antiquité et aux premiers siècles du christianisme, Clavel et Chastanier
  13. 13,0 13,1 Jacobus de Voragine (ca. 1265), Legenda Aurea, Buch 4
  14. Ernest Ingersoll (1928), Dragons and Dragon Lore, Dover (2005), ISBN 9780486440743
  15. 15,0 15,1 15,2 15,3 Christophe de Villeneuve (1826), Statistique du département des Bouches-du-Rhône: avec Atlas, Ricard
  16. La sainte et le Dragon in Simone Vierne (1996), Saints et dragons: rôle des traditions populaires dans la construction de l'Europe, Ministère de la Communauté française de Belgique
  17. Samuël Glotz (1975), Le Masque dans la tradition européenne: exposition, Musée international du carnaval et du masque, Binche, du 13 juin au 6 octobre 1975, Fédération du tourisme du Hainaut
  18. Aubin-Louis Millin (1808), Travels in Southern France's départements, Vol. III, Übersetzung
  19. 19,0 19,1 Christian Friedrich Mylius (1818), Malerische Fußreise durch das südliche Frankreich und einen Theil von Ober-Italien
  20. Francis George Very (1956), The Spanish Corpus Christi procession: a literary and folkloric study, Tip. Moderna (1962)
  21. Lynn Matluck Brooks (1988), The Dances of the Processions of Seville in Spain's Golden Age, Edition Reichenberger, S. 213–214, ISBN 9783923593651
  22. Infotafel im Palau de la Virreina, Barcelona während der Mercè Feierlichkeiten 2022
  23. Martin Birnbaum (1952), Chinese Dragons and the Bay de Halong, Western Folklore, 11 (1): 32–37, doi:10.2307/1497284, JSTOR 1256771
  24. Mike Mearls, Stephen Schubert, James Wyatt (2008), Monster Manual 4th edition, Wizards of the Coast, ISBN 978-0-7869-4852-9
  25. Nigel Findley (1991), Practical Planetology, TSR, Inc., ISBN 156-076134-2
  26. Zeela (2024), AD&D's Tarrasque and Final Fantasy's Behemoth?, RPG.net Forums