
Illustration von H.J. Ford, 1901
Stan Bolovan ist ein rumänisches Märchen von Ioan Slavici.
Handlung[]
Das Märchen beginnt mit einer Frau, die den ganzen Tag traurig war. Ihr Mann Stan Bolovan fragte sie, was sie bedrückt, doch sie wollte es ihm nicht sagen. Erst als er zum dritten Mal fragte, erklärte sie ihm, dass er genau so traurig wie sie würde, wenn sie es ihm erzählen würde. Dennoch bestand er darauf, und sie beklagte, dass sie keine Kinder hätten. Daraufhin wurde auch er sehr traurig, weil Gott ihnen keine Kinder beschert hatte. Sie versuchten alles, ließen in den Kirchen für sich beten und fragten sogar Hexen um Rat, doch die Frau wurde nicht schwanger[1].
Eines Tages, als Jesus auf der Erde unterwegs war, besuchte er zusammen mit dem Apostel Petrus auch Stan. Stan und seine Frau namen die Gäste bei sich auf, bewirteten sie und behandelten sie gut. Als er wieder gehen wollte, frage Jesus Stan, welche drei Wünsche er ihm erfüllen sollte. Stan frage dreimal nach Kindern, obwohl Jesus ihm riet, sich nicht zu viele zu wünschen. Stan begleitete die Gäste noch bis zur Straße und kehrte dann in sein Haus zurück[1].
Er fand sein Haus, seinen Hof und seinen Garten voll mit Kindern, und alle waren klein, frech und laut. Zuerst freuten Stan und seine Frau sich und hatten viel Freude mit ihren Kindern. Doch nach einigen Tagen stellte er fest, dass er nicht genug Essen für all die Kinder hatte. Seine Frau vermutete, dass der Herr ihnen niemals Kinder geben würde ohne die Nahrung, die diese benötigen. So beschloss Stan, in die Welt zu ziehen und nach Gottes Gabe zu suchen[1].
Als er sich die Füße wund gelaufen hatte, ohne auf Nahrung zu stoßen, erblickte er in der Ferne sieben Schäfer mit ihrer Herde. Doch als er mit diesen um Nahrung verhandeln wollte, erfuhrt er, dass jede Nacht um Mitternacht ein Drache (ro.: Zmeu) kam und einen Widder, ein Schaf und ein Lamm aus der Herde nahm. Außerdem brachte der Drache seiner Frau die Milch von 77 Lämmern, um darin zu baden. So mangelte es den Hirten selbst an Nahrung[1].
Stan fragte die Hirten, was sie ihm geben würden, wenn er sie vom Drachen befreien könne. Sie versprachen ihm ein Drittel der Herde, und Stan stimmte zu. Doch er machte sich Sorgen, dass er es nicht schaffen würde, die Herde nach Hause zu treiben. Doch zunächst musste er den Drachen besiegen, und hoffte dass Gott ihm bis Mitternacht noch eine gute Idee dafür geben würde. Dann zählte er die Schafe, um zu sehen, wie viele er kriegen würde[1].
Um Mitternacht kam der Drache zu ihm und Stan rief ihm zu. Er stellte sich als Stan Bolovan vor, der nachts Felsen frisst und tags auf Wäldern weidet. Er drohte dem Drachen, ihm ein Kreuz in den Rücken zu schneiden und ihn in Weihwasser zu baden, wenn er die Schafe anrührt. Der Drache verlangte zum Beweis für Stans Stärke einen Wettkampf. Stan aber war vorbereitet und holte ein Stück Käse aus seiner Tasche. Er sprach: "Siehst du diesen Stein? Nimm Du Dir auch einen dort vom Flußrand, dann wollen wir unsere Kräfte messen[1]."
Als der Drache mit einem Stein zurückkam, verlangte Stan, dass er Buttermilch aus dem Felsen drücken solle. Der Drache zerdrückte den Stein zu Staub, doch es kam keine Milch hervor. Er ärgerte sich, dass Stans Aufgabe unmöglich wäre. Doch dieser drückte seinen Käse zusammen und Buttermilch lief durch seine Finger. Da bekam es der Drache mit der Angst zu tun und wollte fliehen, doch Stan hielt ihn auf und verlangte einen Schadensersatz für die gestohlenen Schafe[1].
Der Drache, der befürchtete, dass Stan ihn einholen würde, wenn er einfach flieht, bot Stan an, drei Tage als Knecht für seine Mutter zu arbeiten. Als Lohn würde er drei mal sieben Säcke Dukaten erhalten. Stan willigte ein und folgte dem Drachen zu seiner Mutter, die so alt wie die Zeit war. Sie kochte gerade in einem großen Kessel einen Heiltrank aus Milch, Lammblut und Knochenmark. Der Drache erklärte er, dass er ihr einen Knecht gebracht habe, der Felsen frisst und Buttermlich aus Steinen pressen kann[1].
Am nächsten Tag ließ die Drachin ihren Sohn eine eisenbeschlagene Keule drei Meilen weit werfen. Als nächstes solle Stan dies auch tun, und zusammen mit dem Drachen ging er los, um die Keule zu holen. Stan kam als erstes an und stellte fest, dass er die Keule nicht einmal heben konnte. Als der Drache ankam, klagte er, dass es schade um die schöne Keule sei, wenn er sie so weit wegwerfen würde, dass der Drache sie nie mehr finden könne. Doch der Drache bestand darauf, dass er werfen solle. Stan bestand aber, zunächst Essen für drei Tage zu besorgen, denn so lange werden sie der Keule nachgehen müssen[1].
Da bekam es der Drache doch noch mit der Angst zu tun und ging das Essen von der Mutter holen. Diese gab es ihm, auch wenn es sie ärgerte, dass damit die ganze Arbeitszeit des Knechts verschwendet würde. Als der Drache mit dem Essen zurückkam, setzte sich Stan auf den Essenssack und schaute zum Mond hinauf. Auf Nachfrage des Drachen erklärte er, dass er noch warten wolle, bis der Mond vorbeigezogen sei, damit er ihn nicht versehenltich trifft[1].
Der Drache fürchtete nun doch, seine Keule zu verlieren. So bot er an, sie selbst zu werfen, doch Stan wollte auf den Mond warten. Sie diskutierten lange, und schließlich willigte Stan ein, dass der Drache die Keule werfen dürfte, wenn er dafür noch einmal sieben Säcke Dukaten erhält. Schließlich warf der Drache die Keule und erzählte seiner Mutter, dass er Stan kaum davon abhalten konnte, die Keule in den Mond zu werfen[1].
Am nächsten Tag ließ die Drachin die beiden Wasser holen. Dazu gab sie jedem 12 Trinkschläuche, die sie bis zum Abend voll zurückbringen sollten. Am Brunnen füllte der Drache in kurzer Zeit alle zwölf Schläuche, während Stan kaum die leeren Schläuche tragen konnte. Darum nahm er sein Messer heraus und begann damit, um den Brunnen herum in den Boden zu ritzen. Er erklärte dem Drachen, dass er sich nicht die Mühe machen wollte, die Schläuche zu füllen, darum wolle er den Brunnen selbst wegtragen. Doch der Drache wollte nicht, dass der Brunnen, der noch aus der Zeit seines Großvaters stammte, beschädigt wurde, und bot an, Stans Schläuche zu tragen. Wieder überredete Stan den Drachen, ihm sieben Säcke Dukaten zu bezahlen, dafür dass er die Schläuche tragen dürfe[1].
Am dritten Tag sollten die beiden Holz holen, und der Drache riss in kürzester Zeit eine Menge Bäume aus und stapelte sie aufeinander. Doch Stan kletterte auf den schönsten Baum und begann, diesen mit einer Weinrebe an den nächsten Baum zu binden. Nach und nach Band er einen Baum nach dem anderen zusammen. Er behauptete, sich keine unnötige Arbeit machen zu wollen, sie alle einzeln auszureissen, deshalb hatte er beschlossen, den ganzen Wald zusammenzubinden und wegzutragen. Der Drache hatte nun Angst, Stan würde ihm den Wald auf den Kopf werfen, und nur gegen sieben mal sieben Säcke Dukaten konnte er Stan von seinem angeblichen Vorhaben abbringen[1].
Nach getaner Arbeit zerbrach Stan sich den Kopf, wie er das ganze Geld nach Hause schleppen sollte. Doch am Abend hörte er, wie die Drachin ihrem Sohn befahl, Stan zu töten, damit sie ihn nicht bezahlen müsse. Sie riet ihm, sobald Stan schläft, diesem mit einer Keule mitten auf die Stirn zu schlagen. So legte Stan, nachdem die Drachen schliefen, den Schweinetrog umgedreht in sein Bett und deckte ihn zu. Er selbst versteckte sich unter dem Bett und schnarchte laut. Als der Drache ihn töten wollte, schlug er mit aller Kraft auf den Trog und Stan stöhnte laut von unter dem Bett. Als der Drache weg war, legte er sich in sein Bett und stellte sich schlafend[1].
Am nächsten Morgen waren die Drachen sehr verwundert, ihn lebend zu sehen. Er erzählte, er habe geträumt, von einem Floh mitten auf die Stirn gebissen worden zu sein. Voller Angst beluden die Drachen die Säcke mit Stans Lohn, doch dieser hob sie nicht auf, da sie ihm viel zu schwer ware. Stattdessen teilte er mit, dass er beschlossen hatte, noch ein Jahr bei den Drachen zu bleiben, da es ihm peinlich sei, nur so "wenig" Geld zu tragen wie ein Drache es vermag. Deshalb boten sie ihm noch sieben mal sieben Säcke an, wenn er nur sofort fortginge. Stan willigte ein, wenn sie den Schatz zu ihm nach Hause tragen würden[1].
Als Stan und der schwer beladene Drache sich der Heimat näherten, wurde Stan langsamer. Er fürchtete, dass der Drache, wenn er wüsste, wo sein Haus steht, den Schatz wieder stehlen würde. Da erzählte er dem Drachen von seinen hundert Kindern, die recht kampflustig seien und dem Drachen schwer zusetzen konnte. Deshalb solle der Drache sich unauffällig verhalten, damit Stan ihn schützen könne. Da erschrak der Drache und ließ die Säcke fallen, hob sie aber wieder auf. Am Haus angekommen stürzten sich die Kinder auf den Drachen und verlangten Drachenfleisch. Panisch lief der Drache zurück nach Hause und wagte sich nie mehr zurück[1].
Hintergrund[]
Das Märchen wurde ursprünglich 1875 von Ioan Slavici in der Zeitschrift "Convorbiri Literare" veröffentlicht[2]. Auf Deutsch wurde es von Mite Kremnitz 1882 übersetzt[1] und 1901 inkludierte Andrew Lang eine englische Version in seinem "Violet Fairy Book"[3]. Es erinnert an griechische Märchen wie Herr Lazarus und die Draken oder Der Bartlose und der Drakos sowie an das deutsche Märchen vom tapferen Schneiderlein und das Roma-Märchen Der Getäuschte Drache. Allen ist das Motiv gemeinsam, dass der Protagonist durch Listen mächtige Drachen oder Riesen überzeugt, viel stärker als diese zu sein. Einige der exakten Methoden, z.B. der Trick mit dem Stein, kommen in mehreren der Märchen vor. Mit dem Märchen Der Rom und der Drache hat es außerdem die Schäfer gemein, die die eigentlichen Opfer des Drachen sind und den Helden mit Schafen für seine Hilfe bezahlen.