
Silvester fesselt den Drachen, ca. 1340
Silvester I. war von 314 bis 335 amtierender Papst.
Hintergrund[]
Es ist wenig über Silvester I. als historische Person überliefert. Laut der (später als Fälschung entlarvten) Konstantinischen Schenkung soll er Kaiser Konstantin den Großen getauft haben. Aus den Silvesterakten (Actus Silvestri, spätes 4. Jahrhundert und Vita Silvestri, 5. bis 6. Jahrhundert) sind Heiligensagen über ihn überliefert[1].
Die Vestalinnen waren Priesterinnen der römischen Göttin Vesta. Diese wurden im Jahr 207 erstmals von Tertullian, als Anbeter eines draco bezeichnet[2]. Zwischen 389 und 391, also lange nach Silvesters Tod, wurde der Kult der Vesta schließlich durch Kaiser Theodosius I. geschlossen. Die Vorstellung, dass die Vestalinnen alle fünf Jahre einem Drachen Opfer darbringen, kommt schließlich im 4. oder 5. Jahrhundert in den Schriften des Bischofs Paulinus von Nola vor. Dieser ist unsicher, ob der Drache entweder nicht existiert oder eine Gestalt des Teufels ist[3][1].
Der in der Sage dargestellte Kult erinnert jedoch mehr an den Kult der Juno Sospita in Lanuvio. So beschreiben sowohl Properz als auch Aelian, dass Jungfrauen mit verbundenen Augen einer Schlange in einer Höhle Opfergaben darbrachten. Aelian beschreibt auch, dass die Mädchen durch den Atem des Drakon in die Höhle gezogen wurden. Vermutlich vermischt die Sage diesen Kult mit dem der Vesta in Rom. Es ist unbekannt, ob der Kult der Juno Sospita zur Zeit Silvesters noch aktiv war[1].
Die Drachensage wird oft als mythologisierte Version des Endes der Christenverfolgungen im Römischen Reich interpretiert[4]. Mit der Mailänder Vereinbarung wurde den Christen und anderen religiösen Minderheiten im Jahr 313 Religionsfreiheit zugesprochen. Der 314 zum Papst gewählte Silvester gilt damit als der erste Papst, der nicht unter der Verfolgung von Christen zu leiden hatte. Damit erlebte seine Amtszeit einen Wandel von einer christenfeindlichen zu einer christenfreundlichen Staatspolitik[5].
Laut einer im Mittelalter verbreiteten Interpretation der Sage wurde zu Silvesters Zeit tatsächlich eine große Schlange vom Tiber angespült. Diese wurde als Vorzeichen für Silvesters Amtszeit interpretiert. Eine Assoziation von Naturerscheinungen und großen Taten ist in der römischen Tradition häufig und kommt auch in der Drachensage von Papst Gregor I. vor[6].
Silvesterakten[]

Silvester bindet den Drachen, daneben sind die heidnischen Priester sowohl gelähmt als auch wiederbelebt und bekehrt zu sehen[4], ca. 1380
Die Silvesterakten erzählen, dass die Vestalinnen dem Drachen einst jeden Monat ein Opfer darbrachten. Laut der Vita Silvestri lebte der Drache unter dem Tarpejischen Felsen. Seit Rom jedoch christliches Recht übernommen hatte, wurden diese Opfer nicht mehr durchgeführt. Dadurch wurde der Drache wütend und schadete mit seinem tödlichen Atem den Menschen. Vor allem Kinder litten darunter. Die heidnischen Priesterinnen baten Kaiser Konstantin deshalb, dem Drachen zum Schutz der Bürger wieder Opfer darbringen zu dürfen[1].
Silvester ordnete eine dreitägige Fasten- und Gebetszeit für die christliche Gemeinde an. Am dritten Tag erschien ihm Simon Petrus und gab ihm genaue Anweisungen, um den Drachen zu bezwingen. Zusammen mit einigen christlichen Priestern betete er, bevor er in die Höhle des Drachen hinabstieg. Ganz unten fand er Türen mit Bronzeringen daran vor, die er mit einer Kette und einem Schloss verschloss. Dabei bezog er sich direkt auf die Bibelstelle, in der der Erzengel Michael den Drachen der Apokalypse in den Abgrund verbannt[7][8]. Danach wurde der Drache nicht mehr gesehen, und die Vestalinnen ließen sich innerhalb von zwei Jahren alle zum Christentum bekehren[1].
Varianten[]
Eine ähnliche Sage erzählt von Victoria von Rom, die ebenfalls in die Höhle eines Drachen hinabsteigt, um eine Stadt (in diesem Fall Tribulanum) zu retten. Bei Victoria werden die Jungfrauen jedoch Nonnen ihres christlichen Klosters[1].
In Bonino Mombrizios Version der Silvesterakten bindet Silvester das Maul des Drachen selbst zu anstatt nur den Türen des Heiligtums[9]. Auch Aldhelm von Sherborne beschreibt, wie Silvester dem Drachen eine Leine umlegt[10]. Auch eine Inschrift der Kirche Santa Maria Maggiore aus dem 9. Jahrhundert bestätigt diese Version[1].
De promissionibus et praedictionibus Dei, ein lateinischer Text aus Afrika aus dem 5. Jahrhundert, beschreibt, dass der Drache in der Höhle unter Rom war, mit Juwelen als Augen und einem Schwert als Zunge. Jedes Jahr wurden Jungfrauen hinuntergeschickt in dem Glauben, dem Drachen ein Opfer zu bringen. Tatsächlich waren sie selbst das Opfer und spießten sich im Dunkeln mit dem Schwert auf. Zur Zeit Stilicho soll ein römischer Mönch hinuntergestiegen sein. Er tastete sich vorsichtig voran, um sich nicht auch aufzuspießen, und zerstörte das Gerät[1].
Die Vita S. Gildae aus dem 9. Jahrhhundert gibt hingegen Gildas als Drachentöter an. Dieser hörte, dass die Bewohner Roms schwer krank waren, und fand in einer Höhle nahe der Stadt den Drachen, dessen Atem daran schuld war. Im Namen von Jesus Christus befahl er dem Drachen zu sterben, was dieser tat[1].
Die Mirabilia Urbis Romae aus dem 12. Jahrhhundert gibt als Nest des Drachen den Lacus Curtius an. Ein Soldat stürzte sich in das Loch, um die hervorkommenden Gase zu stoppen, und das Loch schloss sich hinter ihm[1].
Die Legenda Aurea, die auch St. Georg und Philippus als Drachentöter bekannt machte, enthält hingegen eine Version der Sage, die sehr nah an den Silvesterakten ist[11].
Beunans Meriasek[]
Die Episode kommt auch in im cornischen Theaterstück Beunans Meriasek (1504) vor, wo zwei heidnische Herzöge in Italien auf der Jagd von einem Drachen angegriffen werden. Sie fliehen zum Hof von Kaiser Konstantin dem Großen, wo ein heidnischer Bischof in der Bekehrung des Kaisers zum Christentum den Grund für das Monster sieht. Jedoch gelingt es Papst Silvester, den Drachen zu besiegen und diejenigen, die er gefressen hatte, wiederzubeleben. Die beiden Herzöge lassen sich daraufhin taufen[12].
Für die Aufführung des Stücks wurde ein Drache konstruiert, der sogar Feuer speien konnte. Möglicherweise war sein Maul sogar groß genug, um Schauspieler zu verschlingen[13].
Siehe auch[]
- Silvester I. in der Wikipedia, für weitere Informationen, die über die Drachentöter-Legende hinausgehen.
Quellen[]
- ↑ 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 Daniel Ogden (2013), Drakōn: Dragon Myth and Serpent Cult in the Greek and Roman Worlds, Oxford University Press, Print ISBN 9780199557325
- ↑ Pseudo-Abdias (6. Jahrhundert), Historia Apostolica
- ↑ Paulinus von Nola (ca. 400), Carmina
- ↑ 4,0 4,1 Louise W. Lippincott (1981), The Unnatural History of Dragons, Philadelphia Museum of Art Bulletin, 77(334), https://www.jstor.org/stable/3795303, https://doi.org/10.2307/3795303
- ↑ Otto Wimmer, Hartmann Melzer (1984), Lexikon der Namen und Heiligen, Tyrolia, ISBN 9783702215231
- ↑ Jacques le Goff (1980), Time, work & culture in the Middle Ages, University of Chicago Press, ISBN 0-226-47080-6, S. 159-188
- ↑ Offenbarung 20:1 - 3
- ↑ Daniel Ogden (2019), The Function of Dragon Episodes in Early Hagiography in Ingo Schaaf (2019), Animal Kingdom of Heaven: Anthropozoological Aspects in the Late Antique World, de Gruyter, ISBN 9783110601596, https://doi.org/10.1515/9783110603064-003
- ↑ Bonino Mombrizio (1480), Sanctuarium seu Vitae sanctorum
- ↑ Aldhelm von Sherborne (7. Jahrhundert), de virginitate
- ↑ Jacobus de Voragine (ca. 1265), Legenda Aurea, Buch 2
- ↑ Dominus Radulphus Ton (1504), Beunans Meriasek
- ↑ Philip Butterworth (2013), Late Medieval Performing Dragons, The Yearbook of English Studies, 43, 318, https://doi.org/10.5699/yearenglstud.43.2013.0318