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"Da sah sie Dinge wunderlich: Wie sie mit einem Wurme kreiße, Der ihr den Mutterschooß zerreiße, Ihr ein Drach die Brüste söge, Und dann plötzlich von ihr flöge, Daß sie ihn nimmer wiedersah"
―Karl Simrock (1883), Parzival und Titurel - Rittergedichte von Wolfram von Eschenbach, Kapitel II, S. 103-104, Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung

Parzival ist der Protagonist des gleichnamigen Versromans von Wolfram von Eschenbach, der zwischen 1200 und 1210 entstand.

Herzeloydes Drachentraum[]

In Kapitel 2, kurz vor dem Tod ihres Ehemannes Gahmuret hat Parzivals Mutter Herzeloyde einen Traum, in dem sie von einem Gewitter und einem Greifen bedroht wird. Danach träumt sie, wie sie eine Schlange (gmh.: wurm) zur Welt bringt, die dabei ihren Bauch aufreisst und danach wie ein Drache (gmh.: trache) an ihren Brüsten saugt. Danach fliegt die Schlange fort und wurde nie wieder gesehen, was Herzeloyde das Herz bricht bzw. der Drache es ihr herausreisst[1].

Der Drache im Traum symbolisiert den zu dieser Zeit noch ungeborenen Parzival selbst, der später den Tod seiner Mutter verursachen wird, indem er fortzieht und sie an ihrem Kummer stirbt. Dies wird später im Roman von Parzivals Onkel Trevrizent bestätigt, als er Parzival von Herzeloydes Tod erzählt[2][3][4].

Hintergrund[]

Liber Floridus Woman

Die Frau und der Drache in der Offenbarung des Johannes, ca. 1120

Träume von Drachengeburten sind in der mittelalterlichen Literatur nicht ungewöhnlich und werden bereits von Artemidor von Daldis im 2. Jahrhundert in seiner Oneirokritika (gr.: Traumdeutung) beschrieben. Laut Artemidor symbolisiert der Drache einen Kaiser[5]. Artemidors Beschreibung deutet darauf hin, dass solche Träume zu seiner Zeit sehr häufig bei schwangeren Frauen vorkamen. Interessanterweise weißt die Psychoanalytikerin Dr. Lilla Veszy-Wagner darauf hin, dass Träume von Drachengeburten in der heutigen Zeit so gut wie nie bei Patientinnen vorkommen, weshalb der Germanist Arthur Hatto vermutet, dass die Träume einen kulturellen Hintergrund haben. So kannten Frauen in Artemidors Zeit Geschichten über die Zeugung großer Persönlichkeiten wie Alexander dem Großen durch Götter in Drachengestalt, welche auch ihre Träume beeinflussten. Auch Wolfram von Eschenbach kannte vermutlich die Geschichte um Alexander[3].

Nach Parzivals Geburt wird Herzeloyde, die ihr Kind säugt, mit der Jungfrau Maria und dem Jesuskind assoziiert. Dadurch ensteht eine Parallele zwischen Parzival als Drachen und dem apokalyptischen Drachen aus der Offenbarung des Johannes, der wie Parzival ein Welt-Eroberer ist[3]. Anders als die Frau in der Offenbarung gebiert Herzeloyde den Drachen jedoch selbst und wird so selbst zur Sünderin, die eher an Eva mit der Schlange von Eden erinnert[4].

Trachonte[]

In Kapitel 9 kommt ein Kraut namens Trachontê (möglicherweise identisch mit Pseudo-Apuleius' dracontea) vor, welches aus dem Blut eines getöteten Drachen wächst. Dieses hat starke Heilkräfte, die im Zusammenhang mit deinem Prozess namens trachen umbevart (Wörtlich: Kreislauf des Drachen) wirken, kann jedoch die Wunde von König Anfortas nicht heilen[6]. Den "Kreislauf des Drachen" interpretiert der Germanist Wilhelm Deinert als Kreislauf der Drachenknoten[7], während Bernhard D. Haage darin eher den alchemischen Ouroboros sieht, die Pflanze also einen alchemischen Prozess durchlaufen müsste[8][9][10].

Quellen[]

  1. Wolfram von Eschenbach (1200-1210), Parzival, Vv. 103, 25-104, 19
  2. Karl Simrock (1883), Parzival und Titurel - Rittergedichte von Wolfram von Eschenbach, Kapitel IX, S. 476, Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung
  3. 3,0 3,1 3,2 Arthur T. Hatto (1968/1969), Herzeloyde’s Dragon Dream, German life and letters, Band 22, S. 16–31
  4. 4,0 4,1 Benjamin van Well (2020), Sprache der Träume - Sprache der Kultur: Ein multiperspektivischer Blick auf den Traum der Herzeloyde in Wolframs von Eschenbach Parzival, Literaturstraße, Band 21, Nr. 2, https://doi.org/10.11588/litst.2020.2.88372
  5. Artemidor von Daldis (2. Jahrhundert), Oneirokritika
  6. Joachim Reichert (2001), 'Slaying the Dragon'. Der letzte Heilversuch an Anfortas im "Parzival" Wolframs von Eschenbach (483,6-18), Mediaevistik Vol. 14, S. 149-178, https://www.jstor.org/stable/42585728
  7. Wilhelm Deinert (1960), Ritter und Kosmos im Parzival: eine Untersuchung der Sternkunde Wolframs von Eschenbach, Band 2 von Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters, ISSN 0580-1362, Beck
  8. Bernhard Dietrich Haage (1986), Die Wertschätzung von Naturwissenschaft und Medizin in der deutschen Dichtung des Mittelalters, Sudhoffs Archiv, Bd. 70, H. 2, S. 206-220, https://www.jstor.org/stable/20777084
  9. Bernhard D. Haage (1992), Studien zur Heilkunde im "Parzival" Wolframs von Eschenbach, Kümmerle, ISBN 9783874528061
  10. Bernhard D. Haage (1994), Kyklos im Parzival Wolframs von Eschenbach, Granatapfel, Festschrift für Gerhard Bauer zum 65. Geburtstag, S. 167-186