Die Lindwurmsage von Neubrandenburg soll sich nahe Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern zugetragen haben.
Sage[]
Auf den drei Bergen Blocksberg, Jabsberg und Lindberg zwischen Neubrandenburg und Stavenhagen sollen vor langer Zeit Lindwürmer gelebt haben. Diese sahen, wenn sie still am Boden lagen, aus wie umgeschlagene Tannen.
Einst fuhr ein Wagen die Straße entlang und traf nahe der Brandmühle auf einen jungen Lindwurm. Da dieser schlafend quer über den Weg lag, hielt der Kutscher ihn für einen Stock und fuhr darüber hinweg. Erst als der überfahrene Lindwurm seinen letzten Schrei ausstieß erkannte der Kutscher seinen Irrtum und fuhr so schnell wie möglich weg.
Auch der alte Lindwurm hatte den Schrei gehört und fand sein Junges tot vor. Wütend griff er den nächstbesten Wagen an, einen Strohwagen, der nach Neubrandenburg unterwegs war. Der Knecht bemerkte dies und trieb seine Pferde zum Galopp an. Zu seinem Glück verlor er bald den Spannnagel, und der Hinterwagen samt Stroh blieb stehen, während der Vorderwagen umso schneller weiterfuhr.
Der Knecht konnte so entkommen, während der Lindwurm im Stroh vergeblich den Mörder seines Kindes suchte. Als er darin niemanden fand, jagte er weiter dem Knecht nach. Um schneller zu sein, biss er sich selbst in den Schwanz und rollte sich zu einem Rad, um hinterherzurollen.
Der Knecht konnte im letzten Moment das Brandenburger Tor erreichen, welches schnell geschlossen wurde. Der Lindwurm blieb draußen liegen, und niemand traute sich aus der Stadt hinaus.
Zu dieser Zeit war ein fremder Prinz namens Georg in der Stadt, und er entschloss, den Lindwurm anzugreifen. Er konnte dem Lindwurm den Schwanz abhacken, und da darin dessen Stärke ruhte, starb das Tier.
Zum Andenken wurde an der Stelle vor dem Tor, wo der Lindwurm lag, die Kirche St. Jürgen gebaut. In dieser soll sich eine große Darstellung des Kampfes über dem Altar befunden haben, die jedoch 1759 zusammen mit anderen Darstellungen entfernt wurde[1].
Andere Sagen über die Lindwürmer[]
Eine andere Sage aus Mecklenburg-Vorpommern erzählt, wie einst der letzte Lindwurm getötet wurde. Ein Kuhhirte fand den Lindwurm schlafend auf dem Lindberg liegend, und hielt ihn erst für einen vom Wind umgewehten Baum. Er setzte sich darauf und überlegte, wo wohl der Stumpf des Baums hingekommen sei[2].
Der Hirte beschloss, sich eine Pfeife anzuzünden. Als er Feuer machte, erwachte der Lindwurm. Daraufhin erschrak der Hirte und erschlug das Tier mit einem Stock[2].
Eine dritte Sage erzählt, dass zwischen den Dörfern Damm und Schlutow (Gemeinde Finkenthal) ein Wald liegt, in dem einst ein Lindwurm lebte. Da dieser die Einwohner der Gegend plagte, zündeten sie vor seiner Höhle große Mengen an Reisig an und er erstickte in seiner Höhle. Der Wald heißt noch immer Lindholz[3].
Bezug zu anderen Sagen[]
Laut einer Anmerkung in Karl Bartschs Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg handelt es sich bei der Sage um eine regionale Form der Sage um St. Georg. Jedoch hat die Sage bis auf den Namen des Drachentöters nichts mit der Drachensage um St. Georg gemein. Vermutlich basiert die Sage auf der Kirche, die St. Georg geweiht ist. Jürgen ist die norddeutsche Form von Georg.
Die Fortbewegungsmethode des Lindwurms als Rad kommt auch in anderen Sagen vor, z.B. bei der Amphisbaena mittelalterlicher Bestiarien, der Tsuchinoko der japanischen Mythologie, der Hoop Snake der amerikanischen Folklore und dem Lindorm norwegischer Sagen.
Die Idee, dass die Stärke des Lindwurms in seinem Schwanz ruht, basiert auf der naturwissenschaftlichen Literatur der Antike und des Mittelalters. Bereits Plinius der Ältere berichtete darüber, was daran liegt, dass das Wort Draco zu Plinius Zeit Würgeschlangen bezeichnete[4][5].
Quellen[]
- 57. Lindwurmsage in Karl Bartsch (1879), Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, CreateSpace Independent Publishing Platform (2013), ISBN 978-1482315868
Einzelnachweise[]
- ↑ Wikipedia: St.-Jürgens-Kirche (Lilienthal)
- ↑ 2,0 2,1 58. Der letzte Lindwurm in Karl Bartsch (1879), Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, CreateSpace Independent Publishing Platform (2013), ISBN 978-1482315868
- ↑ 59. Lindwurm in Karl Bartsch (1879), Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, CreateSpace Independent Publishing Platform (2013), ISBN 978-1482315868
- ↑ Gaius Plinius Secundus Maior (77), Naturalis historia
- ↑ Gaius Julius Solinus (3. Jahrhundert), De mirabilibus mundi