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Der Greif ist ein Fabelwesen antiker und mittelalterlicher Quellen, das als Mischung aus Säugetier und Raubvogel dargestellt wird.

Aufgrund seines Körperbaus, der mit vier Beinen und zwei Flügeln sehr an einen westlichen Drachen erinnert, wurde er schon oft mit Drachen gleichgesetzt, und einer der ältesten Drachen, Tiamat, wird häufig greifenartig dargestellt. Außerdem hüten beide Kreaturen Schätze. Laut Edward Topsell jedoch sollen Greifen oft gegen Drachen kämpfen und dabei für gewöhnlich gewinnen[1].

Ursprünge

Die älteste bekannte Greifendarstellung stammt aus dem 4. Jahrtausend vor Christus, aus der Stadt Susa in Persien.

Susa griffin Frankfort 1937

Älteste bekannte Greifendarstellung aus Susa, 4. Jahrtausend v. Chr.

In ägyptischen und mesopotamischen Darstellungen ist der Greif meist ein Löwe oder eine andere Großkatze mit dem Kopf eines Vogels, meist ein Greifvogel. Flügel kommen vor, sind aber nicht die Regel, die Beine variierten zwischen verschiedenen Kombinationen aus Säugetier- und Vogelbeinen[2].

Die Hierakosphinx ist eine Sphnix der ägyptischen Mythologie mit dem Körper eines Löwen und dem Kopf eines Falken. Der ägyptische Gott Hor-Hekenu, eine Form des Horus, die in Bubastis verehrt wurde, erscheint in der Form eines Greifen. Eine geflügelte ägyptische Form des Greifen ist der Axex.

Löwendrache

Der Dämon Ušumgallu aus der sumerischen Mythologie erinnert an einen Greifen, hat aber einen Löwenkopf

Die heute verbreitete Form des Greifen (siehe unten) wurde erstmals vom griechischen Reisenden Aristeas im Jahr 675 v. Chr. beschrieben, der in Skythien von ihnen erfahren hatte. Der älteste schriftliche Beleg für Greifen in der skythischen Kultur sind jedoch Tattowierungen eines mumifizierten Kriegers aus einem Grab, welches auf ca. 500 n. Chr. datiert wurde[3].

Reale Inspiration

Protoceratops aceo by himmapaan

Rekonstruktion von Protoceratops

Laut einer Theorie von Adrienne Mayor and Michael Heaney gehen die Beschreibungen der Greifen vermutlich auf die Funde der Fossilien vierbeiniger Tiere mit Schnäbeln zurück, die griechische Reisende wie Aristeas im 7. Jahrhundert in der Wüste Gobi fanden. Solche Fossilien wurden später Protoceratops zugeordnet, einem in der Kreidezeit sehr verbreiteten Dinosaurier, dessen Fossilien in der Gobi sehr häufig sind. Auch die Assoziation der Greifen mit Gold soll davon stammen, da auch Gold in der Gobi gefunden wurde.

Der Paläontologe Mark Witton widerspricht dieser Annahme, da Greifendarstellungen wesentlich weiter zurückgehen als die antiken griechischen Geschichten, die auf den Fossilien basieren sollen, oder jegliche zentralasiatische Greifendarstellungen. Außerdem erklären Protoceratops-Fossilien nur die in der griechischen Kultur übliche Form des Greifen, nicht die große Variation älterer Darstellungen aus dem nahen Osten, und sehen nicht einmal diesen sonderlich ähnlich. Stattdessen scheinen Greifen eher Mischwesen zu sein, deren tierische Bestandteile aufgrund ihrer Symbolwirkung gewählt wurden. Auch sind die Fundstätten von Gold und Protoceratops-Fossilien in der Wüste Gobi weit voneinander entfernt[2].

Greifenklauen, die von Reisenden nach Europa gebracht wurden, waren vermutlich die Hörner von Antilopen und anderen in Europa unbekannten Huftieren[4], möglicherweise sogar von Wollnashörnern[5]. Auch der Lämmergeier könnte an der Entstehung des Mythos beteiligt gewesen sein. Im Mittelalter waren Greifeneier (eigentlich Straußeneier oder Kokosnüsse) teure Handelsgüter.

Griechische, mittelalterliche und moderne Greifen

Greif

Der Greif nach Athanasius Kircher

Die heute geläufige Darstellung des Greifen basiert auf der griechischen Mythologie und den davon inspirierten mittelalterlichen Bestiarien. Anders als z.B. Drachen wurden Greifen bereits im alten Griechenland überwiegend als normale Tiere, nicht als mythologische Wesen, beschrieben[3], obwohl sie offensichtlich von den sehr symbolträchtigen Greifen des nahen Ostens inspiriert sind. Im christlichen Mittelalter kehrte die starke Symbolwirkung wieder zurück.

Der Greif besitzt einen kräftigen Körper mit stämmigen Beinen. An den Hinterbeinen haben Greifen Pfoten, während die Vorderfüße an Vogelkrallen erinnern. Diese Krallen haben jedoch die Größe von Ochsenhörnern.

Der Kopf des Greifen ist gefiedert und mit einem kräftigen Schnabel versehen, wobei er am Ehesten an einen Adler erinnert, außerdem besitzt der Greif ein Paar spitzer Ohren. An den Schultern sitzt ein Paar kräftiger Flügel, die groß genug sind, um den Greifen fliegen zu lassen. Hinter den Flügeln besitzt der Greif keine Federn, sondern ein Fell. Möglicherweise handelt es sich hierbei jedoch um eine mutierte Form von Daunen. Der Greif hat einen langen Schwanz mit einer Haarquaste am Ende.

Greifen leben laut antiken und mittelalterlichen Quellen hauptsächlich in Indien (nach anderen Quellen in Hyperborea oder Äthiopien), wo sie Gold hüten. Vom Volk der einäugigen Arimaspen erzählt man, dass sie oft versuchen, das Gold der Greifen zu stehlen, was die Greifen jedoch meist zu verhindern wissen. Da die Arimaspen immer reitend angreifen, soll der Greif Pferde hassen[6]. Laut Aeliean schützen die Greifen nur ihre Jungen und leben zufällig in den Gebieten, in denen Gold gefunden wird[3].

Im Christentum ist der Greif positiv besetzt und wird durch seine "königlichen" Merkmale (Löwe als König der Tiere, Adler als König der Vögel) mit Jesus in Verbindung gebracht, jedoch selten erwähnt. Auch in der Heraldik ist der Greif ein Königssymbol und tritt häufig als solches auf[7].

In dem auf Schweizerdeutsch (Aargauer Dialekt) überlieferten Märchen der Brüder Grimm Der Vogel Greif reißt der Held Hans dem Christen fressenden „Vogelgrif“ eine Feder aus dem Schweif. In einem anderen Grimm'schen Märchen, Das singende springende Löweneckerchen, haust der Vogel Greif am Roten Meer.

Heraldik

Opimachus Greif

Opimachus aus dem Hortus sanitatis

Manche Wappen zeigen Greifen, die an allen vier Beinen Löwenpfoten haben. Diese Variation wird auch als Opinicus bezeichnet und soll nach einigen Autoren das männliche Gegenstück zum (in diesem Fall) weiblichen Greifen darstellen. Sie taucht häufig in der Heraldik auf.

Möglicherweise leitet sich das Wort Opinicus von Opimachus (gr. Schlangen-Bekämpfer) ab, eine Bezeichnung, die ein Insekt oder den Sekretär bezeichnen konnte. Im Hortus sanitatis wird der Opimachus greifenartig dargestellt[8].

Vinycomb John Männlicher Greif

Keythong oder Männlicher Greif

Neben dem bereits erwähnten Opinicus bezeichnen in der Heraldik auch die Begriffe Alce und Keythong männliche Variante den Greifen. Der Keythong ist dabei für gewöhnlich flügellos und mit "Strahlen" bedeckt, die später oft als Stacheln interpretiert wurden. Manchmal hat er auch Hörner[9].

Auch der Alce ist flügellos und wird oft als Bezeichnung für alle flügellosen Greifen benutzt.

Die Interpretation des Keythong (und vermutlich auch des Alce und Opinicus) als männliche Greifen scheint ein Übersetzungsfehler zu sein, der aus der Verwechslung zwischen mailed griffin (en. gepanzerter Greif, aufgrund der angeblichen Stacheln des Keythong) und male griffin (en. männlicher Greif) entstanden ist. Gegen die Interpretation als männlichen Greif spricht nämlich, dass viele geflügelte (nach dieser Logik also weibliche) Greifendarstellungen in der Heraldik mit männlichen Geschlechtsorganen ausgestattet sind[10].

Eine weitere Variante des heraldischen Greifen ist die Greifenschlange, bei der das vordere Ende eines geflügelten Greifen in einen Schlangenschwanz übergeht[11].

Hippogryph

OrlandoFurioso

Roger befreit Angelika auf einem Hippogryph reitend aus den Klauen des Seedrachen, Holzstich von Gustave Doré zu Der Rasende Roland

Der Hippogryh oder Hippogreif ist ein Tier, das dem Greifen durchaus ähnlich sieht. Der Unterschied liegt darin, dass der Hippogryph an den Hinterbeinen Hufe anstatt Pfoten besitzt und auch der Schweif mehr an den eines Pferdes erinnert. Diese Unterschiede gaben dem Hippogryph seinen Namen (Hippo ist griechisch für Pferd). Erstmals wurde der Begriff Hippogryph 1516 von Ludovico Ariosto in seinem Epos Orlando Furioso (deutsch. "Der rasende Roland") verwendet, Darstellungen solcher Tiere reichen jedoch weiter zurück. Im Gegensatz zum Greif lässt sich der Hippogryph nach den meisten Quellen reiten, in Orlando Furioso wird er vom Ritter Roger geritten, um die chinesische Prinzessin Angelika vor dem Seemonster Orc zu retten[12]. Die ganze Szene basiert auf dem Kampf von Perseus gegen das Seemonster Ketos, um Andromeda zu retten[13].

Ursprünglich wurden die Tiere nur als Hippogryph bezeichnet, die Bezeichnung Hippogreif wurde vermutlich erstmals in den deutschen Übersetzungen von J.K. Rowlings Harry-Potter-Romanen verwendet, basierend auf der im Englischen verbreiteten Variante Hippogriff, die auch von Rowling verwendet wurde.

Der Hippogryph wird als Kreuzung aus Greif und Pferd bezeichnet. Da Greife Pferde jedoch hassen und umgekehrt Pferde Greifen fürchten, soll diese Kreuzung sehr selten sein. Vermutlich basiert Ariostos Hippogryph auf einem Satz des römischen Dichters Vergil, welcher erwähnte, dass Greifen sich niemals mit Pferden paaren würden. Der hypothetische Hippogryph der Antike und des Mittelalters ist vergleichbar mit der modernen Aussage "Wenn Schweine fliegen können", welche etwas extrem Unwahrscheinliches beschreibt[14].

Gryphi

Plesiosaurus 3DB-1-

Der Seedrache Plesiosaurus

Johann Georg Wagler stellte 1830 in seinem Werk Natürliches System der Amphibien: mit vorangehender Classification der Säugethiere und Vögel: ein Beitrag zur vergleichenden Zoologie die Greifen (Gryphi) als Wirbeltiertierklasse auf. Dieser Klasse ordnert er jedoch nicht mythologische Greifen zu, wie sie in diesem Artikel beschrieben werden, sondern sehr unterschiedliche Tiere, bei denen er glaubt, eindeutige Gemeinsamkeiten entdeckt zu haben[15]:

  • den Stachelgreif Tachyglossus (Schnabeligel)
  • das Schnabeltier Ornithorhynchus
  • den Greif Gryphus (Ichthyosaurus)
  • den Seedrachen Halidracon (Plesiosaurus)
  • den Armgreif Ornithocephalus (Pterodactylus)

Nach heutiger Auffassung werden das Schnabeltier und der Schnabeligel als Kloakentiere (Monotremata) zu den Säugetieren gerechnet, während die anderen drei Arten ausgestorbenen Gruppen von Diapsiden angehören. Plesiosaurus gehört als Sauropteryga zu den Schuppenkriechtieren (Lepidosauromorpha), während Pterodactylus als Ornithodira zu den Archosauromorpha zählt. Ichthyosaurus ist die namensgebende Gattung der Ichthyosauria, die zu Deutsch auch Fischechsen genannt werden.

Galerie

Quellen

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