Der Drakon (heb.: דרגון) ist ein Dämon aus dem Sefer Ḥassidīm, einem Buch des jüdischen Philosophen Juda ben Samuel.
Handlung[]
Einige Versionen des Buches enthalten eine Geschichte über einen Drachen. Die Geschichte beginnt mit der Erklärung, dass es eine Art von Dämon gibt, die auf griechisch Drakon genannt wird. Ein Drakon kann nicht mit einem Schwert verletzt werden, solange der Angreifer nicht selbst das Kind eines Drakon ist[1][2].
Die Geschichte handelt von einem Drakon, der eine Affäre mit der Ehefrau des Königs hatte. Jedoch hatte er auch einen Sohn mit der Tochter des Königs, und dieser Prinz war der einzige, den der Drakon fürchtete. Aus diesem Grund befreite der König den Prinzen aus dem Gefängnis, und dieser holte das Schwert seines Vaters und versteckte sich unter dem Bett der Königin. Als der Drache nachts zu ihr kam, konnte er den Geruch des Prinzen wahrnehmen, beschloss aber, dennoch mit der Königin zu schlafen[1][2].
Doch als der Drakon das Bett verließ, sprang der Prinz hervor und verletzte ihn mit dem Schwert. Der Drakon forderte ihn auf, ihn noch einmal anzugreifen, da nur derjenige sterben wird, der nur einmal geschlagen wurde, während derjenige, der zweimal geschlagen wurde, viele Köpfe haben wird und viel Schaden zufügen wird. Doch der Prinz sagte, so wie seine Mutter ihn nur einmal geboren hatte, so würde er auch nur einmal zuschlagen. So starb der Drakon an seiner Wunde und sein Fleisch schwoll so sehr an, dass man den Leichnam nicht durch die Tür hinausbringen konnte. Deshalb befahl der König, dass das Dach geöffnet werden sollte. Man zerteilte den Drachen dann und transportierte mehrere Wägen voller Drachenfleisch aus dem Raum[1][2].
Die Königin aber wollte nicht zugeben, dass der Drakon mit ihr geschlafen hatte, da der König sonst sterben würde. Jedoch erzählte sie, dass der Drache in Gestalt des Königs zu ihr gekommen war. Laut dem Autor ist es ein häufiges Vorgehen von Drakontes, dass sie in Gestalt des Ehemannes ihres Opfers auftreten. Außerdem würde ein Drakon in seinem eigenen Haus keinen Schaden anrichten, aber alles in Brand stecken, sobald er dieses verlässt[1][2].
Hintergrund[]

Darstellung des Sündenfalls mit sehr menschlich wirkender Schlange, 1477
Die Beschreibung erinnert stark an einen Dämonen, der als טרכט (heb.: tracht) bekannt ist und in den Responsen der Rabbis Meir Lublin und Chaim Joseph David Azulai vorkommt. Dieser erscheint Frauen in menschlicher Gestalt, um mit ihnen Geschlechtsverkehr zu haben. Sein Name ist vermutlich vom deutschen Wort Drache abgeleitet[2][3].
Der Judaist Joseph Dan vergleicht die Geschichte mit der von Alexander dem Großen. Wie der Prinz wurde Alexander aus der Vereinigung einer Menschenfrau und eines Drachen geboren, der seine Gestalt verändern kann. In Alexanders Fall war dies ein ägyptischer Priester, der in Drachengestalt zu Alexanders Mutter kam und später von seinem Sohn getötet wurde. Es sind diverse jüdische Versionen dieser Geschichte aus der Zeit von Juda ben Samuel bekannt[2].
Der Text schreibt das Wort Drakon דרגון, also mit dem Buchstaben ג (Gimel), anstatt wie in Hebräisch üblich, mit ק (Koph), also דרקון, vermutlich um näher an der griechischen Schreibweise zu sein[2].
Die Idee, dass ein Drache menschliche Gestalt annehmen kann, geht in der jüdischen Mythologie vermutlich auf die Schlange von Eden zurück, die vor der Verführung Evas Gliedmaßen gehabt haben und einem Menschen ähnlich gesehen haben soll. Tatsächlich kann in der Geschichte eine Parallele zur biblischen Schöpfungsgeschichte gesehen werden, indem der König Gott oder Adam darstellt, der von Eva (der Königin) mit der Schlange betrogen wird. Der Sohn ist die Menschheit, die in der Lage ist, sich vom Bösen zu befreien. Die Parallelen werden noch eindeutiger, wenn man bedenkt, dass in manchen Geschichten die Schlange die Gestalt Adams annahm, um Eva zu verführen[4].
Quellen[]
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Juda ben Samuel (13. Jahrhundert), ספר חסידים (Sefer Ḥassidīm), 469
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 David Rotman (2013), At the Limits of Reality: The Marvelous in Medieval Ashkenazi Hebrew Folktales, Jewish Studies Quarterly, Vol. 20, No. 2, S. 101-128, https://www.jstor.org/stable/24751811
- ↑ Judah Rosenthal (1967), Studies and Texts in Jewish History, Literature and Religion, Rubin Mass, S. 508, 9780935982138
- ↑ Marc Michael Epstein (1996), Harnessing the Dragon: A Mythos Transformed in Medieval Jewish Literature and Art in Laurie L. Patton, Wendey Doniger (1996), Myth and Method, University Press of Virginia, S. 352-389, ISBN 9780813916576