Drachen Wiki
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Dracolich

Ein Dracolich aus Dungeons & Dragons

Während vor allem ältere Mythen sich kaum mit der Anatomie von Drachen beschäftigen, waren Drachenknochen in der frühen Naturwissenschaft, als man Drachen noch für reale Tiere hielt, ein wichtiges Thema. Auch in phantastischen Werken wird dieses zuweilen angesprochen.

Fossilien[]

Es gibt Hypothesen, laut denen der Drachenmythos auf Fossilfunden (nach den meisten Angaben von Dinosauriern) basiert, die, mangels Kenntnis ausgestorbener Tiere, als Drachen interpretiert wurden.

Tatsächlich wurden schon häufig Fossilien für die Knochen von Drachen und anderen Fabelwesen wie Einhörnern gehalten. Dabei handelte es sich jedoch meistens um Großsäuger des Pleistozäns, nicht um Dinosaurier. Ob die Fossilfunde jedoch tatsächlich der Ursprung des Mythos sind, ist umstritten.

Ketos Troja

Ketos von Troja, ca. 575 - 550 v.Chr.

Eine Darstellung des Seedrachen Ketos auf einer korynthischen schwarzfigurigen Vase aus dem sechsten Jahrhundert vor Christus erinnert stark an einen Schädel, der in einen Felsen eingebettet ist. Es ist aufgrund der Stilisierung nicht erkennbar, zu welchem Tier der Schädel gehörte. Jedoch ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Darstellung auf einem frühen Fossilfund basiert. Adrienne Mayor vermutet, dass es sich um die ausgestorbene Giraffengattung Samotherium handeln könnte[1][2]. Diese Interpretation ist unter Paläontologen jedoch sehr umstritten, da diverse moderne Tierarten als Erklärung naheliegender sind[3][4][5].

Frühe Naturwissenschaft[]

Höhlenbären[]

Paterson Hain Draco Ursus spelaeus

Paterson Hains "Drachenknochen", 1673

Häufig wurden die Knochen des Höhlenbären (Ursus spelaeus), einer großen Bärenart, die vor ca. 24.000 Jahren ausstarb, von frühen Wissenschaftlern als Drachenknochen beschrieben. Die erste solche Beschreibung stammt von Peter Ranzano, der im Jahr 1488 als Teil einer Gesandtschaft am Hof des ungarischen Königs Matthias Corvinus war. In seinem Reisebericht erzählt er von großen Mengen von Drachenknochen, die in den Höhlen Siebenbürgens zu finden seien, und die die Sintflut aus fernen Gegenden dorthin geschwemmt hätte[6][7].

Die erste wissenschaftliche Beschreibung von Höhlenbären-Knochen stammt vom preussischen Militärarzt Johannes Paterson Hain (1673), welcher die in den Karpaten gefundenen Bärenknochen anatomisch korrekt darstellt und beschreibt, sie aber als de draconibus carpathicis (dt. Karpatischer Drache) bezeichnet[8][9][10][7].

Cranium Draconis carpathici

Vollgnads Drachenschädel, 1676

Ein weiteres Beispiel dafür stammt von Hains Bekannten Heinrich Vollgnad (bzw. Georg Vette, dessen Beobachtungen Vollgnad veröffentlichte), dessen detaillierte Abbildung eines Cranium Draconis carpathici[11] (Schädel eines karpatischen Drachen) eindeutig der Schädel eines Höhlenbären ist, jedoch mit einem fremden Zahn, der den Schädel noch drachenartiger aussehen lässt[9].

1722 identifizierte man beim Abbau von Konglomerat in Kremsmünster gefundene Höhlenbären-Knochen als Drachenknochen[12][13], wie Aufzeichnungen des Benediktinerstifts Kremsmünster belegen[14]. Franz Ernst Brückmann beschrieb 1739 in seiner Abhandlung Antra Draconum Liptoviensia Drachenknochen aus der Demänováer Eishöhle, auch hier handelte es sich um Höhlenbären-Knochen[15][9].

Als Johann Christian Rosenmüller schließlich 1794 den Höhlenbären offiziell wissenschaftlich beschrieb, identifizierter er auch die von Hain und Vollgnad angefertigten Kupferstiche als Knochen dieser Tiere[16][7].

Elefanten[]

Ryukotsu-Zu

Ryukotsu Zu, Knochen eines Palaeoloxodon, 1804

Im Jahr 1804 fand ein Bauer namens Ichirobe in der Zeze-Domäne Japans (heute Ōtsu, Shiga-Präfektur) seltsame Knochen, die viel Aufmerksamkeit erregten. Im Auftrag des Domänen-Herrschers Honda Yasusada wurden die Knochen vom konfuzianischen Gelehrten Yasusada untersucht und als Drachenknochen identifiziert. Zu Ehren des Drachen wurde an der Fundstelle der Fukuryushi-Schrein erbaut und dem Bauern der Familienname Ryo verliehen. Einige Jahrzehnte später in der Meji-Zeit wurden die Knochen durch den deutschen Paläontologen Edmund Naumann als Überreste der ausgestorbenen Elefanten-Gattung Palaeoloxodon identifiziert[17].

Heute befinden sie sich im Nationalmuseum der Naturwissenschaften in Tokyo, während die Aufzeichnungen aus der Edo-Zeit später von Ichirobes Nachfahrin Ikuko Ryo an das Ōtsu City Museum of History übergeben wurden. Im Jahr 2019 erhielten die Fossilien den Cultural Property Status[17].

Drachensagen[]

Drachenknochen Atessa

Der Drachenknochen von Atessa

Diverse Fundorte von Höhlenbären-Knochen tragen heute entsprechende Namen, z.B. die Drachenhöhle bei Mixnitz oder das Drachenloch bei Vättis, und haben zum Teil auch eigene Drachensagen, mit denen man sich früher die Knochenfunde erklärte.

Ein anderes Tier, dessen Knochen für Drachenknochen gehalten wurden, ist das Wollnashorn (Coelodonta antiquitatis). Als 1335 im Zollfeld nahe Klagenfurt der Schädel eines solchen gefunden wurde, wurde er als Drachenschädel identifiziert und aufbewahrt, auch eine Legende entwickelte sich darum. Im Jahr 1583 diente der Schädel als Vorlage für den Kopf des Lindwurmbrunnens, und erst 1840 wurde er korrekt als Schädel eines Wollnashorns erkannt[18].

Allgemein eigneten sich selten gefundene Knochen wie von Walen oder ausgestorbenen Tieren sehr gut, um sie als Fabelwesen zu interpretieren. So wurden derartige Überreste häufig zu Reliquien, die die Menschen an die Existenz des Teufels und den Sieg der Kirche über das Böse erinnern[19]. Insgesamt sind über 200 Fälle von Walknochen bekannt, die in europäischen, vor allem deutschen und schwedischen, Kirchen, Stadthallen und Schlössern aufbewahrt wurden und werden[20][21].

Drachenknochen

Die Knochen des Smok Wawelski

Weitere Drachensagen, die mit Knochenfunden belegt wurden, sind unter anderem:

  • Der Drache von Atessa in Italien, dessen Rippe noch heute in der Kathedrale aufbewahrt wird. Er wurde nie wissenschaftlich untersucht, stammt jedoch vermutlich von einem Wollhaarmammut.
  • Der Drache von Sas Vanna dessen Knochen heute verschollen sind.
  • Manche Drachensagen aus den Alpen erzählen von gigantischen Drachenrippen, unter denen sehr viele Schafe oder Kühe Unterstand fanden.
  • In der Kathedrale von Krakau hängen drei Knochen, die vom Smok Wawelski stammen sollen. Mittlerweile weiß man, dass die Rippe ein Teil eines Wal-Kiefers, der Schädel ein Wollnashorn-Schädel und der Oberschenkel der eines Mammuts ist.
  • Die Knochen des von Donatus von Evorea getöteten Drachen in der Basilica di Santi Maria e Donato in Venedig wurden noch nie wissenschaftlich untersucht, werden jedoch für Wal-Knochen gehalten.
  • Im Kloster von Santa Fiora in der Toskana wird der Schädel des Drachen von La Trinità aufbewahrt, bei dem es sich um ein Nilkrokodil handelt.
  • Auch der Schädel des Drachen von Karlštejn ist in Wahrheit ein Nilkrokodil.
  • In Bramberg am Wildkogel wurde einst die Wirbelsäule und ein Schädelteil eines Rehs als Skelett eines Tazzelwurms angesehen, bis der Salzburger Realschulprofessor Kastner die wahre Identität des Skelettes beweisen konnte[22].

Chinesische Medizin[]

Drachenknochen

Drachenzähne (oben) und -knochen (unten), wie sie in der chinesischen Medizin verwendet werden.

In der traditionellen chinesischen Medizin werden so genannte Drachenknochen (chin. 龍骨, Lóng Gǔ oder longgu, lat. Os Draconis) und Drachenzähne (chin. 龍牙, Lóng Chĭ oder longchi, lat. Dens Draconis) verwendet. Diese Knochen stammen überwiegend von ausgestorbenen Groß-Säugern wie Mammuts oder den bereits erwähnten Wollnashörnern[23][24][25].

Die Verwendung der Drachenknochen in der chinesischen Medizin wird genauer beschrieben im Artikel Drachenmedizin.

In der Populärkultur[]

SchädelLung

Schädel eines chinesischen Lung laut Dragonology, 2004

Auch in einigen fiktiven Werken sind Drachenknochen ein Thema:

  • Dr. Ernest Drake beschreibt in den Dragonology-Büchern, dass Drachenknochen, um die Flugfähigkeit zu gewährleisten, extrem leicht sind. Laut ihm kann man aus den Knochen Fluggeräte bauen[26].
  • Untote Drachenskelette sind in Fantasy-Werken häufig. Beispiele dafür sind der Dracolich aus Dungeons & Dragons, der Skelettdrache aus The Elder Scrolls: Skyrim oder der Knochendrache (und in manchen Spielen auch der Drachenzombie) aus Final Fantasy.
  • Laut Peter Dickinsons Flight of the Dragon haben Drachen einen extrem aktiven Metabolismus, der sogar ihre eigenen Knochen auflöst und so die für das Fliegen und Feuerspeien notwendigen Gase erzeugt. Die Knochen wachsen jedoch extrem schnell, wodurch der Drache dadurch nicht behindert wird. Erst nach dem Tod des Drachen lösen sich die Knochen ganz auf, weshalb nie Drachen-Fossilien gefunden wurden.
    • Eine weitere Besonderheit des Drachenskeletts laut Dickinson ist, dass die Rippen nicht den Brustkorb stützen und somit auch schützen, sondern zu Flügeln umgebildet sind. Der Brustkorb erhält seine Stabilität ausschließlich durch den Gasdruck im Inneren[27].
  • Ryūkotsusei aus InuYasha ist ein Dämon, dessen Name "Drachenknochengeist" bedeutet.
  • In der Welt von Die Mächte des Feuers von Markus Heitz werden Drachenknochen unter anderen für Knochentransplantationen bei Menschen verwendet, was offiziell illegal ist, aber insgeheim praktiziert wird. Der Träger eines solchen Knochens kann leichte Signale eines Drachens aussenden.
  • In Super Mario Bros. Wonder können Drachenfossilien gefunden und durch Wunderblumen zum Leben erweckt werden.

Trivia[]

  • In Taiwan gibt es ein Gestein, das als Drachenknochen-Gestein (chin.: 龍紋石) bezeichnet wird. Es erscheint rot, da es sehr reich an Kupfer ist, welches im Laufe der Zeit oxidiert[28].

Quellen[]

  1. Adrienne Mayor (2000), The ‘Monster of Troy’ Vase: The Earliest Artistic Record of a Vertbrate Fossil Discovery?, Oxford Journal of Archaeology, 19(1):57 - 63, http://dx.doi.org/10.1111/1468-0092.00099
  2. Adrienne Mayor (2000), The First Fossil Hunters: Paleontology in Greek and Roman Times (second edition), Princeton University Press (2011), ISBN 978-0-691-15013-0
  3. Mark Witton (2018), Unicorns, dragons, monsters and giants: palaeoart before palaeontology
  4. M. Bosscher (2014), Mythical monsters and ancient fossils, Eruditorum
  5. Julian Monge Nájera (2018), The Monster of Troy Vase Is Not Based on a Fossil Giraffe, http://dx.doi.org/10.20944/preprints201812.0158.v1
  6. P. Ransanus (1558), Epitome Rerum Hungarium, Tirnava
  7. 7,0 7,1 7,2 László Vértes (1958/59), Die Rolle des Höhlenbären im ungarischen Paläolithikum, Quartär – Internationales Jahrbuch zur Erforschung des Eiszeitalters und der Steinzeit, Band 10/11, https://doi.org/10.7485/qu.1959.10.82089
  8. J. Paterson Hain (1673), Miscellanea Curiosa Medico-Physica Academiae Naturae Curiosorum, sive Ephemeridum Medico Physicarium Germanicarum
  9. 9,0 9,1 9,2 Stephan Kempe, Wilfried Rosendahl, Doris Döppes (2005), The scientific discovery of Ursus spelaeus
  10. Friedrich Tiedemann (1811), Anatomie und Naturgeschichte des Drachen
  11. Henricus Vollgnad (1676), Miscellanea Curiosa, sive Ephemiridum Medico-Physicarum Germanicarum Academiae Naturae Curiosorum
  12. Dagmar Fetz-Lugmayr (2019), Sagenreiches Kremsmünster: Ein alter Kulturort erzählt, Anton Pustet, S. 112-117, ISBN 9783702580650
  13. Susanne Winter (2023), Die Drachen von Kremsmünster, Tips
  14. Othenio Abel (1914), Die Tiere der Vorwelt, Aus Natur und Geisteswelt, Band 399, S. 40-41, B. G. Teubner
  15. Franz Ernst Brückmann (1739), Antra Draconum Liptoviensia
  16. Johann Christian Rosenmüller (1794), Quaedam de ossibus fossilibus animalis cuiusdam, historiam eius et cognitionem accuratiorem illustrantia, Sommer
  17. 17,0 17,1 Jiro Tsutsui (2019), Feudal records on ‘dragon bones’ given cultural property status, Asahi Shimbun, archivierte Version vom 7. November 2020
  18. Wikipedia: Wollnashorn
  19. Aleks Pluskowski (2013), The dragon’s skull: Zooarchaeological perspectives on otherness in the Middle Ages in Francisco de Asís García García (2013), Animals and Otherness in the Middle Ages: Perspectives Across Disciplines, Archaeopress, ISBN 9781407311166, S. 109-124
  20. Nicholas Redman (2004), Whales' Bones of Germany, Austria, Czech Republic & Switzerland, Whales' Bones of the World, Vol. 2, Redman Publishing (2009), ISBN 9780954580025
  21. Klaus Barthelmess (2008), Die Walknochen der Nordseeinsel Borkum: Zur Kulturgeschichte der bedeutsamen Denkmäler aus der Blütezeit des europäischen Arktiswalfangs mit Überlegungen zu ihrer Konservierung, Books on Demand GmbH, ISBN 978-3837026252
  22. Josef von Doblhoff-Dier (1896), Altes und Neues vom "Tatzelwurm", Zeitschrift für österreichische Volkskunde, Band 1, F. Tempsky
  23. J.G. Andersson (1923), Beasts of the Dragon Mines, The China Journal of Science & Arts, Vol. 1, No. 4, S. 384-389
  24. Mark Witton (2021), Dinosaur fossils and Chinese dragons: ancient association or modern wishful thinking?
  25. James P. McCormick, John Parascandola (1981), Dragon Bones and Drugstores: The Interaction of Pharmacy and Paleontology in the Search for Early Man in China, Pharmacy in History, Vol. 23, No. 2, https://www.jstor.org/stable/41109277
  26. Dr. Ernest Drake (2004), Expedition in die geheime Welt der Drachen, arsEdition, ISBN 978-3-7607-4818-4
  27. Peter Dickinson (1981), The Flight of the Dragon, HarperCollins, ISBN 978-0060110741
  28. Wikipedia: Dragon Bone Stone (englisch)
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