Der Drache von Mordiford ist eine Drachensage aus Mordiford in Herefordshire, England.
Handlung[]
Der Sage nach fand ein Mädchen aus Mordiford namens Maud, das sich schon lange ein Haustier wünschte, ein Drachenbaby im Wald. Das Wesen war grün, hatte vogelartige Flügel und Beine und einen spitzen Schwanz. Es hatte Augen, die wie Sterne funkelten, und spielte in einer Blumenwiese. Sie nahm den Drachen mit nach Hause und zeigte ihn ihren Eltern, doch diese erkannten es sofort als Drachen und wollten es töten. Doch Maud konnte ihren Vater zunächst davon abhalten und er sperrte die Kreatur in einen Schachtel, um sie am nächsten Tag zu töten, bevor Maud morgens aufsteht. Doch Maud hörte die Pläne der Eltern und versteckte den Drachen an einem sicheren Ort. Dort zog sie ihn mit Milch groß und sah ihm zu, wie er fliegen lernte. Jeden Monat wurde der Drache größer, bis er große, starke Flügel und eine grüne Farbe hatte[1][2].
Doch der Hunger des großen Drachen ließ sich nicht mehr mit Milch stillen, und er begann das Vieh der örtlichen Bauern zu reißen. Maud bestand darauf, dass der Drache nur böse geworden war, weil die Menschen ihn schlecht behandelten. Doch die Bauern versuchten, die Kreatur zu töten, und fielen ihm dabei selbst zum Opfer. Bald entwickelte er eine Vorliebe für Menschenfleisch und griff jeden an außer Maud. So wandten sich die Bewohner von Mordiford an den Adel der Stadt und ein Ritter aus der Familie Garston ritt los, um den Drachen zu töten. Der Drache spieh Feuer auf den Mann, doch dieser konnte ihm seine Lanze in den Rachen stoßen und ihn so töten. Einzig Maud trauerte um den Drachen, ihren einzigen Freund[1][2].
Geschichte[]
An der Außenwand der Kirche von Herefordshire gab es bis 1812 eine Abbildung des Drachen, die 1670 erstmals erwähnt wurde, bereits im Zusammenhang mit dem Drachentöter Garston[1][3]. John Aubrey beschreibt die Darstellung in den Notizen für seine Naturall Historie of Wiltshire (1691) als Schlange mit vier Flügelpaaren. Die Abbildung wurde jedeoch im Zuge mehrere Restaurationen teilweise abgewandelt und an das jeweilige Drachenbild der Zeit angepasst[4].
1797 berichtete der englische Autor Samuel Ireland in seinen "Picturesque Views on the River Wye" von der Sage. Er erwähnt den an die Kirche gemalten Drachen und beschreibt, wie der Drache das Vieh in den nahe Mordiford gelegenen Hügeln namens Offwood verschlang. Laut Ireland tötete ein Krimineller den Drachen, indem er sich in einem Ciderfass versteckte, jedoch gibt er keine genaueren Details an[5].
Zwei Jahre später beschrieb George Lipscomb in einem Reisebuch den Drachen, bei dem es sich um ein amphibisches Tier handeln soll, das am River Lugg nach einer Flut angespült wurde. Lipscomb beschreibt die Kreatur als Schlange von beeindruckender Größe, die durch die lokale Folklore mit Füßen und Flügeln ausgestattet wurde[6].
Die oben erzählte Fassung um das Mädchen Maud taucht erstmals in James Devilns "Helps to Hereford History" in 1848 in schriftlicher Form auf. Er gibt an, dass sie ihm von einem Mr. Wigley aus Mordiford erzählt wurde. Devlin vermutet jedoch, dass es sich hierbei um spätere Ergänzungen zur Sage handelt. Im Bezug auf Lipscombs Version, bei der nur eine am Ufer schlafende große Schlange beschrieben wird, vermutet Devlin, dass der Sage eine ähnliche Sage zugrunde liegt wie die des Deerhurst Dragon[1].
Es gibt noch andere Varianten der Sage. Eine davon erzählt, dass die Dorfbewohner den Drachen töteten, nachdem er, von einem ganzen Ochsen vollgefressen, am Flussufer lag. Nach einer anderen wurde einem Kriminellen angeboten, freigesprochen zu werden, wenn er den Drachen tötet. Er fand ihn in seiner Höhle, hackte ihn tot und brachte die Zunge als Beweis zurück. Eine weitere Version erzählt, dass der Verbrecher sich in einem Fass versteckte. Entweder hatte dieses Dornen, an denen sich der Drache aufspießte, oder der Mann erschoss das Tier aus dem Fass, doch in beiden Fällen tötete das Gift des Drachen den Drachentöter ebenfalls[1][3].
Ähnliche Sagen[]
Der römische Autor Claudius Aelianus (auch bekannt als Älian) erzählt in seiner Varia historia von einem Jungen aus der Stadt Patræ in Achaia. Der Junge kaufte einen jungen Drachen und zog ihn selbst groß. Als der Drache zu groß wurde, verbannten die anderen Stadtbewohner ihn in die Wildnis. Als der Junge viel später von eine Gruppe Diebe angegriffen wurde, tauchte der Drache auf und tötete die Diebe, doch verschonte den Jungen[7].
Auch die ebenfalls von Aelian überlieferte Sage von Pindus und dem Drachen erzählt von einer Freundschaft zwischen Mensch und Drache[7].
Auch das dänische Märchen Der Lindwurm und die Jungfrau erzählt von einem Mädchen, das einen Drachen großzieht. Noch ähnlicher ist aber eine luxemburgische Sage um eine Schießschlange, die regelmäßig von einem Mädchen mit Milch versorgt wird, bis die Erwachsenen sie erschießen[8].
Auch die chinesische Sage vom folgsamen Python erzählt von einem Mädchen, das im Geheimen eine Schlange großzieht, die später für Verwüstung sorgt.
Das Motiv des Kindes, das sich mit einer Schlange anfreundet und diese füttert, ist auch in Sagen von Krönleinschlangen häufig.
Quellen[]
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 James Dacres Devlin (1848), Helps to Hereford History, Civil and Legendary, in an Account of the Ancient Cordwainers' Company of the City: The Mordiford Dragon; and Other Subjects
- ↑ 2,0 2,1 Dr. Karl Shuker (2007), Drachen: Mythologie - Symbolik - Geschichte, TASCHEN GmbH, ISBN 978-3822851494
- ↑ 3,0 3,1 Jaqueline Simpson (1978), Fifty British Dragon Tales: An Analysis, Folklore, Vol. 89, No. 1, https://doi.org/10.1080/0015587X.1978.9716092
- ↑ María Aurora Lestón Mayo (2014), Tracing the Dragon: A Study of the Origin and Evolution of the Dragon Myth in the History and Literature of the British Isles, Universidade de Santiago de Compostela, S. 47, http://hdl.handle.net/10347/11730
- ↑ Samuel Ireland (1797), Picturesque Views on the River Wye, R. Faulder
- ↑ George Lipscomb (1799), Journey into South Wales, T.N. Longman & O. Rees, S. 74
- ↑ 7,0 7,1 Claudius Aelianus (1. oder 2. Jahrhundert), Περὶ ζῴων ἰδιότητος (De natura animalum)
- ↑ 498. Die Schlange und das Kind in Nikolaus Gredt (1883), Sagenschatz des Luxemburger Landes, Kremer-Muller & Cie (1963), S. 216-217