
Der Rotkreuzritter tötet den Drachen
Der Drache ist der finale Antagonist im ersten Buch von Edmund Spensers Heldengedicht The Faerie Queene.
Handlung[]
Vor dem Kampf[]
Nach dem Kampf gegen den Riesen Orgoglio kommt der Rotkreuzritter zur Höhle der Verzweiflung. Dort hätte er fast Selbstmord begangen, wenn Una ihn nicht davon abgehalten hätte. Sie bringt ihn zum Haus von Celia, die drei Töchter namens Fidelia (Glaube), Speranza (Hoffnung) and Charissa (Wohltätigkeit) hat[1].
Nachdem er die Nacht in dem Haus verbracht hat, kommt am nächsten Morgen Fidelia zu ihm, um ihm über Gottes Gnade und Heiligkeit zu belehren. Der Ritter bereut die Sünden seiner Vergangenheit, und Speranza tröstet ihn. Celia erklärt Una, dass der Ritter von seinen Sünden gereinigt werden muss. Dabei sollen ihm die Heiler Patience (Geduld), Amendment (Verbesserung), Penance (Buße) und Repentance (Reue) helfen[1].
Danach lernt der Rotkreuzritter von Charissa über Gottes Liebe, bevor er an Mercy (Gnade) übergeben wird, eine alte Frau, die ihn zu einem von Charissa gegründeten Hospital führt. In diesem kümmern sich sieben fromme Männer um die Armen und Kranken, und der Ritter trifft einen alten Mann namens Contemplation (Besinnung). Dieser führt ihn einen steilen Bergpfad hinauf. Vom Gipfel des Berges seiht er eine Stadt aus Edelsteinen und Perlen. Contemplation stellt sie ihm als das neue Jerusalem, die Stadt Gottes, vor, erbaut von den Menschen, deren Sünden durch Gottes Sohn vergeben wurden. Die Herrlichkeit der Stadt übertrifft sogar die von Cleopolis, der Stadt der Feenkönigin[1].
Schließlich erfährt der Ritter, dass er von den sächsischen Rittern Englands abstammt und als Kind von einem Elfen entführt und ins Feenland gebracht wurde. Es stellt sich heraus, dass der Rotkreuzritter zum Hl. Georg, Schutzpatron von England, geworden ist[1].
Der Drache[]
Nachdem der Rotkreuzritter sich erholt hat, kehrt er mit Una in seine Heimat zurück, wo das Schloss ihrer Eltern von einem schrecklichen Drachen bedroht wird. Als sie sich dem Schloss nähern hören sie das laute Brüllen des Drachen und sehen schließlich seinen Körper, so groß wie ein Hügel. Als der Drache das Schimmern des Sonnenlichts auf der Rüstung des Ritters sieht, greift er an. Mit ausgebreiteten Flügeln und drei Reihen eiserner Zähne, geschützt durch bronzene Haut, stürzt er sich auf den Ritter[1].
Der Ritter stürmt mit seiner Lanze dem Drachen entgegen, doch dieser schlägt ihn mit seinem Schwanz zu Boden. Wieder steigt der Ritter auf sein Pferd und landet einen Treffer gegen die Schuppen des Drachen, was diesen aber nur wütend macht. Der Drache steigt in die Luft und trägt den Ritter und sein Pferd mit sich. Doch der Ritter kann sich befreien und mit der Lanze den linken Flügel des Drachen treffen[1].
Als schwarzes Blut aus der Wunde quillt brüllt der Drache furchtbar auf. Flammen steigen aus seinem Maul auf und sein Schwanz schlingt sich um das Pferd und zwingt es zu Boden. Mit seinem Schwert landet der Ritter mehrere Treffer auf den Drachen. Dieser will sich zurückziehen, doch sein Flügel versagt und er greift stattdessen erneut mit Feuer und seinem Schweif an[1].
Ein Funke des Drachenfeuers entzündet den Bart des Ritters, wodurch sich dessen Rüstung erhitzt und er kampfunfähig wird. In diesem Zustand fällt der Ritter in den Brunnen des Lebens, wo er die Nacht betend verbringt. Kurz vor Sonnenaufgang steigt er erneuert hervor und durchschlägt den Kopfpanzer des Drachen mit seinem Schwert. Der Drache bohrt den Stachel an seinem Schwanz durch Schwert und Rüstung des Ritters in dessen Schulter. Den Schmerz ignorierend trennt dieser mit dem Schwert den Drachenschwanz ab, der aber in der Wunde stecken bleibt[1].
Der Drache packt den Schild des Ritters und drückt ihn zu Boden. Mit seinem Schwert kann der Ritter eine Klaue des Drachen abschlagen und seinen Schild zurückzuholen. Mit einem Flammenstoß schleudert der Drache den Ritter gegen den Baum des Lebens. Aus dem Baum springt ein Fluss aus Balsam hervor, in den der Ritter fällt. Hier verbringt er eine zweite Nacht, in der seine Wunden wieder geheilt werden[1].
Am dritten Tag steigt er wieder hervor und der Drache versucht ihn zu verschlingen. Doch der Ritter kann sein Schwert tief in den Rachen des Drachen stoßen. Als er es herauszieht folgt ihm ein Strom aus Blut und der Drache stirbt[1].
Nach dem Kampf[]
Nach dem Kampf laden Unas Eltern ihn zu einem Festmahl ein. Der König läd den Ritter ein zu bleiben, doch dieser erklärt, dass er zur Feenkönigin heimkehren müsse. Dann verlobt der König den Ritter mit seiner Tochter und macht ihn zum Erben des Königreichs[1].
Motive[]
Das Motiv der heiligen Quelle, die den Drachentöter im Laufe eines langen Kampfes immer wieder heilt, erinnert an die Geschichten über Bevis of Hampton[2].
Die Angriffsmethoden des Drachen symbolisieren laut Carol V. Kaske dessen teuflische Natur. So wird Sünde häufig als Feuer dargestellt, z.B. wenn Gregor der Große den Atem des Leviathan mit einer Eingebung des Teufels vergleicht. Der Bart des Ritters, den der Funke entzündet, stellt eine Unreinheit im Charakter des Ritters dar, in der diese Sünde gedeihen kann. Das Leiden des Ritters in der erhitzten Rüstung vergleicht der Autor selbst mit dem Leiden des Herakles, als er das mit dem Gift der Hydra getränkte Hemd des Kentauren Nessos trägt, da beide Kleidungsstücke für Gutes gedacht waren, aber Böses wirkten[3].
Den zweiten Treffer landet der Drache mit dem Stachel an seinem Schwanz, da der Stachel, vor allem der eines Skorpions, ein häufiges Symbol für Konkupiszenz oder Lust ist (vergleiche 2. Korinther 12:7: "Damit ich mich wegen der einzigartigen Offenbarungen nicht überhebe, wurde mir ein Stachel ins Fleisch gestoßen: ein Bote Satans, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe")[3].
Obwohl diese Symbolik beweist, dass der Rotkreuzritter, wie jeder Mensch, zur Sünde fähig ist, kann dieser seine Konkupiszenz kontrollieren und weiterkämpfen. Dass der Drache als nächstes den Schild des Ritters ergreift, kann als Angriff der Konkupiszenz gegen den "Schild des Glaubens" angesehen werden. Dabei bleibt eine Klaue im Schild stecken, wie der Zweifel, den ein Gläubiger haben könnte, dem man aber widerstehen kann, was der Ritter macht, indem er die Klaue abschneidet[3].
Gemäß einer anderen Interpretation symbolisiert der Drache nicht den Teufel und die Sünde, sondern den Tod. So trägt Una, als ihre Eltern vom Drachen bedroht werden, Trauerkleidung. Der Drache selbst wird mit einem großen Schatten, tödlichen Klauen, Resten von Leichen zwischen den Zähnen und Feuer und Schwefel im Rachen beschrieben, was an Darstellungen des Todes und der Hölle erinnert. Wenn der Ritter vom Drachen getroffen wurde, wird er vom Brunnen des Lebens geheilt, der Tote zum Leben erwecken kann. Das einzdeutigste Zeichen ist die Dauer des Kampfes von drei Tagen, wodurch der Ritter, wie Jesus Christus, nach drei Tagen den Tod überwindet[4].
Die Trauerkleidung erinnert außerdem an ein bekanntes Märchenmotiv. In vielen Drachentöter-Märchen trägt eine Stadt Trauer, schon bevor der Drache die ihm geopferte Jungfrau verschlingt. Beispiele für solche Märchen sind Der Kaufmann, Von dem, der den Lindwurm mit sieben Köpfen tödtete, Die Ritter vom Fisch oder Der Drache.
In der Populärkultur[]
- Einige Paralleln zum Rotkreuzritter können in Bilbo Beutlin aus Der Hobbit gefunden werden. Beide Helden zweifeln nicht nur einmal an ihrer Fähigkeit, das Abenteuer zu bestehen, und beide werden von Zwergen begleitet und von mächtigen Wesen (Gandalf und die Feenkönigin) unterstützt. Schließlich treten beide einem Drachen gegenüber[5].
Quelle[]
- ↑ 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 Edmund Spenser (1590), The Faerie Queene, Book I via hoakley (2020), The Faerie Queene 5: The Dragon, The Eclectic Company
- ↑ Thomas Honegger (2009), Draco litterarius: Some Thoughts on an Imaginary Beast in Sabine Obermaier (2009), Tiere und Fabelwesen im Mittelalter, de Gruyter, https://doi.org/10.1515/9783110213591, ISBN 978-3110201376
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Carol V. Kaske (1969), The Dragon's Spark and Sting and the Structure of Red Cross's Dragon-Fight: "The Faerie Queene, I. XI-XII", Studies in Philology, Vol. 66, No. 4, S. 609-638, https://www.jstor.org/stable/4173645
- ↑ Linwood E. Orange (1959), Spenser's Old Dragon, Modern Language Notes, Vol. 74, No. 8, S. 679-681, https://doi.org/10.2307/3040383, https://www.jstor.org/stable/3040383
- ↑ Camilo Peralta (2021), Tolkien’s Dragons: Sources, Symbols, and Significance, Symbolism, Vol. 21, https://doi.org/10.1515/9783110756456-012