Die Drachenprinzessin ist ein chinesisches Märchen.
Handlung[]
Das Märchen erzählt, dass es im Dongting-See einen Berg gibt, und in diesem ein bodenloses Loch. Einst fiel ein Fischer in dieses Loch und kam in eine Gegend voller gewundener Wege, die meilenweit durch Berge und Täler führten. Schließlich erreichte er ein Schloss auf einer großen Ebene, auf der ihm grüner Schleim bis an die Knie reichte. Das Schloss wurde von einem Drachen bewacht, der Wasser spieh und so Nebel erzeugte. Innerhalb des Schlosstores war ein kleiner, hornloser Drache, der den Fischer mit seinen Krallen bedrohte und nicht einlassen wollte[1].
So verbrachte er mehrete Tage in der Höhle und ernährte sich von dem grünen Schlamm, der wie Reisbrei schmeckte, bevor er den Weg nach draußen wieder fand. Zuhause erzählte er einem Beamten des Kaisers von seiner Entdeckung, und dieser berichtete dem Kaiser davon. Der Kaiser wiederum fragte einen Weisen um Rat, der wusste, dass die Höhle vier Gänge hatte. Einer führte an das Südwestufer des Sees, einer in ein Tal des Vierstromlandes (Sichuan), der dritte in eine Höhle des Luofu Shan und der vierte auf eine Insel im Ostmeer. In der Höhle wohnt die siebte Tochter des Drachenkönigs vom Ostmeer, die über seine Perlen und Schätze wacht[1].
Der Weise erzählte, dass in alter Zeit ein Fischerjunge beim Tauchen eine Kerle vom schwarzen Drachen stahl, als dieser schlief. Doch die Schätze, die die Drachenprinzessin verwahrt, sind tausende oder Millionen solcher Perlen, und tausende kleine Drachen wachen darüber. Diese Drachen fürchten das Wachs, lieben aber Jaspis und Hohlgrün (Kung Tsing, eine Holzart) und essen gerne Schwalben. Sendet man einen Boten mit einem Brief dorthin, kann man kostbare Perlen erhalten[1].
Erfreut über die Erkenntnisse des Weisen setzte der Kaiser eine hohe Belohnung für denjenigen aus, der es wagte, als Bote zum Drachenloß zu gehen. Zunächst kam ein Mann namens So Pi-Lo, doch der Weise wusste, dass dessen Uhrahn einst hundert Drachen getötet hatte und schließlich von den Drachen umgebracht wurde. Deshalb hassten die Drachen seine Familie und er war nicht als Bote geeignet[1].
Dann kam ein Mann aus Kanton namens Lo Dsï-Tschun, mit seinen Brüdern, der behauptete, dass Vorfahren von ihm mit dem Drachenkönig verschwägert gewesen seien. Der Weise fragte sie, ob sie noch den Stein hätten, der die Drachen zwingt, und die Brüder zeigten ihm diesen. Doch der Weise erkannte, dass der Stein nur Macht über den Drachen hatte, der Wolken und Regen bringt, nicht über die Drachen des Ostmeeres[1].
Also fragte der Weise die Brüder nach dem Drachenhirnduft, doch diesen besaßen sie nicht. Deshalb riet der Weise, Boten ins Westmeer zu senden, wo Kauffahrer mit Drachenhirnduft handeln. Außerdem wusste er von einem Heiligen, der zehn Pfund des richtigen Drachensteins besaß. Boten des Kaisers konnten von dem Heiligen zwei Splitter des Steins besorgen, und nach einigen Monaten kehrten auch die Boten vom Westmeer zurück mit einer Pille Drachenhirndurft. Der Kaiser ließ aus Jaspis zwei Schatullen herstellen, poliert mit der Asche des Wutung-Baumes, und eine Vase aus Hohlgrün. Kleider und Körper der Boten wurden mit Wachs eingerieben, und man gab ihnen zusätzlich noch fünfhundert geröstete Schwalben mit[1].
Als die Boten an das Schloss kamen, roch der Wächterdrache das Wachs und duckte sich angstvoll vor ihnen. Sie gaben ihm als Bestechung hundert Schwalben und ließen sich bei der Drachenprinzessin ankündigen. Dieser brachten sie die Vasen, Schatullen und die restlichen Schwalben als Geschenke dar. So beschwichtigt nahm sie den Brief des Kaisers entgegen. Ein tausendjähriger Drache, der sich in einen Menschen verwandeln konnte und deren Sprache sprach, übersetzen den Brief für sie. Der Kaiser verlangte im Austausch gegen seine Geschenke drei große, sieben Kleine und eine Menge gewöhnlicher Perlen. Diese gab sie den Boten und sie ritten auf einem Drachen davon, zum Ufer des Jangtsekiang. Von dort reisten sie nach Nanjing und übergaben die Perlen dem Kaiser[1].
Erfreut zeigte der Kaiser die Perlen dem Weisen, und dieser erkannte eine der großen Perlen als göttliche Wunschperle dritten Ranges, die anderen beiden als schwarze Drachenperlen mittlerer Güte. Von den sieben kleinen waren zwei Stück Schlangenperlen, die anderen Muschelperlen ersten Ranges. Die übrigen waren Meerkranich-, Schnecken- und Austernperlen, die zwar nicht so wertvoll waren wie die anderen Perlen, doch auf der Erde kaum ihresgleichen fanden. Doch die Diener des Kaisers glaubten den Worten des Weisen nicht. So sprach dieser[1]:
- "Die Wunschperlen ersten Ranges leuchten vierzig Meilen weit, die mittleren Ranges zwanzig Meilen und die dritten Ranges zehn Meilen. Soweit ihr Schein reicht, kommt nicht Wind noch Regen, noch Donner, noch Blitz, noch Wasser, noch Feuer, noch Waffen. Die Perlen des schwarzen Drachens sind neunfarbig und leuchten bei Nacht. Soweit ihr Schein reicht, ist das Gift von Schlangen und Kerfen wirkungslos. Die Schlangenperlen sind siebenfarbig, die Muschelperlen fünffarbig. Sie alle leuchten bei Nacht. Die fleckenlosen sind die besten. Sie entstehen im Bauche der Muschel und nehmen mit dem Monde zu und ab."
- ―Worte des Weisen, Übersetzung durch Richard Wilhelm[1]
Als einer fragte, wie man die Schlangen- und die Kranichperlen unterscheiden könne, sprach der Weise: "Die Tiere selbst erkennen sie." Deshalb ließ der Kaiser je eine der Perlen unter einige gewöhnliche Perlen mischen und auf dem Hof ausgießen. Schon kamen eine große gelbe Schlange und ein schwarzer Kranich und sammelten die jeweiligen Perlen auf. Nun glaubten die Menschen dem Weisen[1].
Die Boten hatten aus dem Drachenschloss auch Nahrung mitgebracht, die fein war wie Blumen, Kräuter oder Zucker, doch außerhalb wurde sie fest wie Stein. Diese ließ der Kaiser im Schatzhaus aufgewahren, verlieh den Boten Rang und Titel und schenkte jedem tausend Rollen Seide. Außerdem stellte er Nachforschungen über den Fischer an und erfuhr, dass dessen Kleidung mit Leinöl und Baumwachs getränkt war, wodurch er seinen Besuch in der Höhle überlebte[1].
Hintergrund[]
Die erste deutsche Übersetzung des Märchens lieferte Richard Wilhelm in seiner Sammlung Chinesischer Märchen (1914). Er vergleicht es mit dem Märchen Hilfe in der Not[2].
In anderen chinesischen Geschichten ist der Drachenkönig im Ostmeer Ao Guang, während er in diesem Märchen namenlos bleibt. Dabei ist der Palast voller Schätze ein häufiges Motiv, jedoch liegt dieser meist im Ostmeer.