Drachen Wiki
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Der siebenköpfige Drache (en.: The Seven-Headed Dragon) ist ein Märchen der Mohawk. Es wurde den Anthropologen Frank Speck und H. P. Beck durch Margaret Curlyhead in Englisch erzählt, die es von ihren Eltern in Mohawk gehört hatte[1].

Handlung[]

Das Märchen erzählt von einem Vater, der mit seinen drei Söhnen vom Holzfällen heimkehrte und dabei feststellte, dass er sein Messer im Wald vergessen hatte. Da das Messer für seine Arbeit zuhause sehr wichtig war, bat er seine Söhne, es ihm zu holen. Die beiden älteren fürchteten sich aber, im Dunkeln in den Wald zu gehen. So ging der jüngste Sohn los und fand das Messer an der Stelle, die der Vater beschrieben hatte[1].

Doch auf dem Heimweg stand ein riesiger Vogel auf seinem Weg. Ängstlich versuchte er, dem Tier auszuweichen, ohne bemerkt zu werden, doch der Vogel sprach ihn an, er solle näher kommen. Als er dies tat, bot der Vogel ihm an, sich eine Feder zu nehmen. Mit dieser würde er fliegen können wie ein Vogel. Kurz darauf traf er auch auf einen Löwen, der ihm einige Haare gab, die ihn in einen Löwen verwandeln können[1].

Der Vogel wollte seine neuen Fähigkeiten ausprobieren, und so steckte er sich die Feder ins Haar und flog nach Hause. Er flog zum Fenster und sah seine Familie beim Abendbrot. Dann warf er das Messer durch das Fenster ins Haus, wodurch sein Vater wusste, dass ihm nichts passiert war. Doch er kehrte nicht zurück, sondern flog weiter bis zum Ozean, wo er sich am Strand schlafen legte. Am nächsten Tag flog er über den Ozean und kam in eine große Stadt, in der keine Menschen lebten und alle Türen verschlossen waren[1].

Nach einiger Zeit fand er doch einen Menschen, ein schönes Mädchen, das im dritten Stock eines der Gebäude saß. Er flog zu ihr und verwandelte sich wieder in einen Menschen und fragte sie, wo all die Menschen waren. Sie erzählte ihm, dass weiter unten in dem Gebäude ein Riese wohnte, der sie von ihrem Vater jenseits des Ozeans entführt hatte und der die Menschen tötete. Deshalb versteckten sich alle, die noch am Leben waren, in ihren Häusern[1].

Der Junge versprach ihr, in drei Tagen zurückzukehren und sie zu retten. In dieser Zeit müsse sie den Riesen fragen, wie er getötet werden könne, unter dem Vorwand, dass sie fürchtete, dass dem Riesen etwas zustoßen könnte. Dann flog er wieder weg und ruhte sich drei Tage lang aus. Nach den drei Tagen erfuhr er von dem Mädchen, dass der Riese nicht getötet werden könne, da sein Herz sich im Inneren einer weißen Taube befinde, und diese war im Inneren einer siebenköpfigen Schlange im Königreich ihres Vater. Diese Schlange sei so gefährlich, dass der Vater des Mädchens ihr jeden Tag eine Kuh oder ein Kalb opfern müsse, um sie zu beruhigen. Der Riese könne nur getötet werden, wenn jemand sein Herz gegen die große Tür seines Zimmers werfen würde[1].

Als der Junge dies gehört hatte, teilte er ihr mit, er würde in acht Tagen zurück sein. Dann flog er über den Ozean ins Heimatland des Mädchens, wo er bei ihrem Vater, dem König, eine Anstellung als Kuhhirte erhielt. Der König warnte ihn, jeden Abend eine Kuh nahe dem Unterschlupf der Schlange zurückzulassen, sonst würde die Schlange sie alle töten. Doch der Junge brachte jeden Abend alle Kühe zurück und gab keine der Schlange[1].

Da wurde die Schlange sehr wütend und machte ein lautes Geräusch, das alle Menschen verängstigte. Als der König davon hörte, war er wütend auf den Jungen, doch dieser bot an, die Schlange zu töten, wenn er König ihm dabei helfen würde. Er verlangte vom König die Hilfe von dessen jüngster Tochter, außerdem sieben ovale Teller aus Gold, sieben goldene Schwerter, sieben Kuchen und sieben Quart Wein. Dann würde er dem König seine älteste Tochter zurückbringen[1].

Am nächsten Tag ging der Junge mit der jüngsten Königstochter zur Weide und breitete die Dinge, die ihm der König gegeben hatte, aus. Er befahl ihr, jedes Mal, wenn er einen Kopf der Schlange brachte, ihm einen Kuchen und ein Quart Wein zu geben. Dann müsse sie mit einem Schwert die Zunge des Schlangenkopfes herausschneiden und auf einen der Teller legen. Für jede Zunge müsse sie ein eigenes Schwert und einen eigenen Teller verwenden[1].

Dann verschloss der Junge den Eingang der Schlangenhöhle so, dass diese immer nur einen Kopf auf einmal herausstrecken konnte. Er steckte sich die Löwenhaare ins Haar und wurde so zu einem Löwen. Als die Schlange einen Kopf herausstreckte, biss der Löwe ihn ab und brachte ihn zu dem Mädchen, das ihm Wein und Kuchen gab und die Zunge herausschnitt und auf den Teller legte. Dies wiederholte er, doch mit jedem Kopf dauerte es länger, bis die Schlange einen weiteren herausstreckte. Auf den letzten Kopf musste er fast zwei Stunden warten, doch schließlich biss er auch diesen ab. Danach zog der den Körper der Schlange aus der Höhle und verwandelte sich wieder zurück[1].

Dann gebat er dem Mädchen, wenn er den Körper der Schlange aufgeschnitten hatte, die Taube, die daraus hervorkam, zu fangen. Doch der Vogel war zu schnell und flog fort. Der Junge reagierte schnell, nahm die Feder und flog hinterher. Er schnitt die Taube auf und fand darin zwei Herzen, ein großes und ein Kleines. Das Große wickelte er in ein Stück Papier und steckte es ein. Dann befahl er der Königstochter, die Schwerter zu reinigen und die Zungen frischzuhalten, bis er zurückkehrt. Dem König erzählte er, er würde die älteste Tochter in einem Boot mit schwarzer Flagge heimbringen. Dann flog er fort[1].

Als er in die Stadt des Riesen kam, fand er diese blebt vor, die Fenster waren offen und die Menschen auf den Straßen. Das Mädchen offenbarte ihm, dass der Riese sehr krank sei und führte ihn durch eine schwere Eisentür in dessen Zimmer. Dort ließ er sich von dem Riesen die Methode der Tötung bestätigen, bevor er das Herz gegen die Tür warf und ihn so tötete[1].

Als die Leute vom Tod des Riesen erfuhren, freuten sie sich, doch einige wurden neidisch, dass er nun die Königstochter heiraten dürfe. Deshalb beschlossen sieben der Stadtbewohner, sieben Hunde zu töten und deren Zungen dem König zu bringen, um sich als Drachentöter auszugeben, um selbst die Prinzessin zu heiraten und die Belohnung unter sich aufzuteilen. Auf dem Boot zurück ins Königreiches erzählte einer von ihnen dem Jungen, dass sie von einem Monster verfolgt würden, und als der Junge danach sah, schubste er ihn über Bord[1].

Die älteste Tochter ließ das Boot anhalten, um nach dem Jungen zu suchen. Der König, der bereits mit einem Fernglas nach dem Boot ausschau hielt, wunderte sich, warum es hielt. Von Boten erfuhr er vom Verschwinden des Jungen und sandte Boten überallhin, suchte aber auch selbst. Dabei traf er einen Fischer und seine Frau, die Brotkrumen in den Ozean warfen, um ihm zu helfen. Sofort wurde das Wasser stürmisch und ein Wal kam ans Ufer, um das Brot zu fressen. Der Wal spuckte den Jungen an den Strand, und dieser war unverletzt, hatte aber seine Feder und die Löwenhaare verloren[1].

Als das Schiff ans Ufer kam, gaben die Hochstapler sich als Drachentöter aus und der König sagte ihnen, sie sollten es auf dem Fest am Abend beweisen. Auf dem Fest zeigten sie die Hundezungen, doch die jüngste Köngistochter zeigte als Gegenbeweis die echten Schlangenzungen. So ließ der König die sieben Betrüger hinrichten und zusammen mit dem Körper der Schlange begraben. Der Junge aber heiratete die Königstochter und der König schenkte dem Fischer und seiner Frau genügend Geld, dass sie nie mehr arbeiten mussten[1].

Ähnliche Märchen[]

Speck und Beck vermuten, dass das Märchen über europäische Kolonialisten an die Mohawk weitergegeben wurde. Tatsächlich entspricht das Märchen vollständig dem typischen Schema europäischer Märchen und enthält typisch europäische Motive, während so gut wie keine Motive aus der Folklore der Mohawk oder allgemein amerikanische Motive (indigen oder kolonial) darin vorkommen. Einige Besonderheiten deuten darauf hin, dass das Märchen von französischen Jesuiten übernommen wurde[1].

Das Märchen basiert jedoch nicht auf einem bestimmten europäischen Märchen, sondern beginnt wie ein deutsches Märchen im Stil der Gebrüder Grimm, enthält aber auch Elemente osteuropäischer Märchen (z.B. der mehrköpfige Drache, siehe Slawischer Drache), griechischer Mythologie und der Bibel (siehe z.B. Jona und der Wal)[1].

Das Motiv, dass es nur dem jüngsten von drei Brüchern gelingt, eine Aufgabe zu bestehen, erinnert z.B. an Baš Čelik, Die vierzig Prinzen und der siebenköpfige Drache oder Von Balai und von Boti. Die Hilfe durch den Vogel und den Löwen hingegen entspricht u.a. Von den Räubern und der Prinzessin, die einem Drachen versprochen war oder Der Drachentödter. Interessanterweise hat dieses Märchen nur zwei Tierhelfer anstatt den üblichen drei. Diese entsprechen den Elementen der Luft (Vogel) und Erde (Löwe). Ein hypotetischer dritter Tierhelfer, der den Helden im Wasser schützt, taucht nicht direkt auf, jedoch scheint der Wal am Ende darauf hinzudeuten, dass dieser nur in der mündlichen Übertragung verloren gegangen ist[1].

Die Idee, dass das Herz oder die Seele außerhalb des Körpers aufbewahrt werden kann, um unsterblich zu werden, kommt bereits in einer altägyptischen Version der zwei Brüder vor[1] und ist am bekanntesten als Merkmal der russischen Sagengestalt Koschtschei. Auch in Baš Čelik kommt das Motiv vor. Dass das Herz sich hier in einer Taube und einer Schlange befindet, könnte christlich-theologisch signifikant sein, da die Taube für den heiligen Geist, die Schlange aber für den Teufel steht[1].

Ebenfalls an Baš Čelik, so wie auch an Von dem, der den Lindwurm mit sieben Köpfen tödtete, erinnert die Idee, dass eine Frau den Riesen ausfragt, wie er getötet werden kann, damit der Held dies dann umsetzen kann. Auch Die drei Federn des Drachen oder Der Teufel und seine Großmutter sind hier ähnlich, jedoch entlockt die Frau dem Drachen hier andere Geheimnisse.

Dass der Held bei der Schlangentötung Kuchen und Wein benötigt, erinnert an das Ablenken des Kerberos durch Honigkuchen oder das Töten von Drachen durch ungenießbare Nahrung, jedoch ist es hier nicht der Drache, der die Nahrung zu sich nimmt. Tatsächlich verlangt der Held zwar, dass die Prinzessin ihm die Nahrung gibt, doch es wird nicht erwähnt, dass er sie zu sich nimmt, weshalb dieses Motiv ein Überbleibsel einer komplexeren Darstellung zu sein scheint[1].

Dass die Schwerter und Teller aus Gold sind könnte daran liegen, dass Drachenblut oft als giftig dargestellt wird und reaktivere Metalle als Gold vermutlich hätte zersetzen können. So wird z.B. auch in Beowulf das eiserne Schwert des Helden zerstört, während der Goldschatz des Drachen unversehrt ist. Die Idee, dass die Drachenzunge den wahren Drachentöter kennzeichnet, kommt in vielen Märchen vor, z.B. Pollard Brawn, Der Hirt und die Riesen oder Die drei Drachen[1].

Die Rückkehr des Schiffes mit der schwarzen Flagge erinnert an die altgriechische Geschichte von Theseus, jedoch ist dort die schwarze Flagge ein negatives Zeichen[1].

Quellen[]

  1. 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 1,11 1,12 1,13 1,14 1,15 1,16 1,17 1,18 1,19 1,20 1,21 1,22 Frank Gouldsmith Speck, H. P. Beck (1950), Old World Tales among the Mohawks, The Journal of American Folklore, Vol. 63, No. 249, S. 285-308, https://doi.org/10.2307/536529, https://www.jstor.org/stable/536529
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