Der Hirt und die Zwerge ist ein böhmisches Märchen.
Handlung[]
Das Märchen beginnt mit einem König, der nach dem Tod seines alten Schafhirten einen neuen suchte. Dies ließ er im ganzen Land verkünden, und bald kam ein junger Hirte in die Stadt und meldet sich beim König. Der junge Mann gefiel dem König und dieser zeigte ihm am nächsten Morgen den Stall. Die Schafe waren schon sehr mager, da sie lange nicht nach draußen gekommen waren. Deshalb nahm der Hirte seine Flöte und Peitsche und trieb die Herde aus der Stadt[1]
Vor dem Stadttor überlegte er, wie er einen guten Weideplatz finden könne. Da es aber schon Spätherbst war, gestaltete sich dies als schwierig. Schließlich kam er an einen großen Wald, vor dem sich eine üppige Wiese ausbreitete. Als die Schafe genüsslich grasten, setzte der Hirte sich und spielte auf seiner Flöte. Da kamen sieben kleine Männchen aus dem Wald und begannen um ihn herumzutanzen. Der Hirte freute sich darüber und den ganzen Tag spielten und tanzten sie, so dass der Hirte sogar das Mittagessen vergaß[1].
Doch als der erste Stern am Himmel auftauchte, verschwanden die Männchen wieder und der Hirte trieb die Schafe nach Hause. Als der König die wohlgenährten Tiere sah, freute er sich, doch kurz darauf stellte er fest, dass sieben Schafe fehlten. Der Schäfer wusste nicht, wie dies passiert war, doch der König vergab ihm, da er ansonsten sehr gute Arbeit geleistet hatte. Doch übernacht wurden die Schafe wieder so mager wie zuvor, denn es handelte sich um eine Zauberwiese, deren Wirkung nur bis Mitternacht währte. Dennoch trieb der Schäfer sie wieder auf die gleiche Wiese und nahm sich vor, besser aufzupassen als am Vortag[1].
Als er wieder seine Flöte spielte kamen die Männlein wieder und tanzten um ihn herum. Am Abend fehlten dann wieder sieben Schafe, und der König gab dem Hirten deshalb keinen Lohn. Er drohte außerdem, ihn fortzujagen, wenn dies noch einmal passieren würde. Nun verdächtigte er erstmals die Männchen, die Schafe gestohlen zu haben. Als er am nächsten Tag zur Weide kam, warteten diese schon und baten ihn, wieder zu spielen. Und so fehlten am Abend weitere sieben Schafe und der König befahl ihm, am nächsten Morgen die Stadt zu verlassen[1].
Traurig ging er zurück zum Weideplatz und klagte über sein Leid. Da tauchte ein graues Männchen auf und gab zu, ihm dreimal sieben Schafe gestohlen zu haben. Es vrsprach, ihm die Schafe zu ersetzen, und gab sich als ehemaliger König der Zwerge zu erkennen. Dann erzählte es dem Hirten, wie es dazu kam, dass es nicht mehr König sei[1].
Einst zog der Drache, der König der Schlangen, los, um eine Bleibe für den Winter zu finden. Da hörte er vom Zwergenberg, in dem sich ein großer Schatz befand. Jede der Schlangen tötete einen Zwerg mit ihrem Giftbiss, bis nur noch der Zwergenkönig und seine sieben Kinder übrig waren. Dann nahmen die Schlangen den Berg ein und kehren seitdem jeden Winter zurück. Das Goldgewand des Zwergenkönigs wurde daraufhin grau und die Schlangen verurteilten ihn, den Menschen den selben Schaden zuzufügen wie es die Schlangen tun. Deshalb musste er dem Schäfer die Schafe stehlen, während seine Kinder um ihn herumtanzten. Er hatte keine Wahl, da die Schlangen den Zwergen im Sommer nichts zu essen gaben[1].
Doch nun hatte der Zwergenkönig dieses Leben satt und bat den Hirten, sie vor den Schlangen zu retten. Im Gegenzug versprach er ihm den großen Schatz. Er führte ihn in den Wald, in dem sich ein großer Berg erhob. Nun gebat ihm der Zwerg, diesen zu besteigen. Oben würde er einen Baum finden unter dem ein schwarzer Stein lag. Darunter begraben lägte ein goldenes Kästchen mit einem Schwert, einem weißen Tuch und einer Salbe in einem Kristallgefäß. Dieses solle er dem Zwergenkönig bringen. Der Hirte machte sich sogleich auf den Weg, fand alles so vor und brachte dem König das Kästchen[1].
Nun rieb er sich auf Anraten des Zwergenkönigs mit der Salbe ein, die ihn vor dem Gift der Schlangen schützen würde. Dann versteckte er sich mit Schwert und Tuch im Gebüsch und wartete auf die Schlangen, die an diesem Tag zu ihrem Winterquartier zurückkehrten. Der Zwerg erklärte ihm genau, dass er, wenn alle Schlangen im Berg waren, an den Eingang gehen solle. Mit einer Blume, die dort wächst, kann er dann den Berg berühren und den Eingang öffnen. Der Zwerg gab ihm noch Ratschläge für den Kampf gegen den Drachen und verschwand dann[1].
Im Inneren des Berges fand er prachtvolle Gänge und Gemächer vor und fand bald, in einem mit Gold und Edelsteinen besetzten Saal, den Drachen zusammengerollt auf einem Kristalltisch schlafend. Um ihn heraum auf dem Boden schliefen die übrigen Schlangen. Wie der Zwerg ihm geraten hatte stieg er auf den Rücken des Drachen und nahm ihm mit dem Tuch die Krone weg. Sofort erwachte der Drache und der Hirt setzte sich auf seinen Rücken. Wütend spieh der Drache Feuer und die Schlangen versuchten den Hirten zu beissen, doch er hieb jeder den Kopf ab, die ihm zu nahe kam[1].
Nun bekam der Drache Flügel und flog mit dem Hirten auf dem Rücken ins Freie, wobei er ein großes Loch in den Berg riss. Als sie über ein Gewässer flogen, befolgte der Schäfer den nächsten Rat des Zwerges und schlug dem Drachen siebenmal mit der Krone auf den Kopf. Sofort fiel der Drache ins Meer, und wie der Zwerg angekündigt hatte fiel der Hirte auf ein Schiff, das ihn ans Ufer brachte. Dort warf er die Krone auf den Boden und rief "Ich will bei den Zwergen sein!" Sofort stand er wieder vor dem Berg, umgeben von Zwergen, die ihn als Retter priesen. Der Zwergenkönig übergab ihm dankbar den Schatz, mit dem der Hirte dem König, dem er einst gedient hatte, sein Land abkaufte und seine Tochter heiratete[1].
Die meisten Schlangen aber wurden bei der Flucht des Drachen vom Geröll erschlagen, und diejenigen, die überlebten, erblindeten durch die Hitze des Drachenfeuers und sind noch heute blind. Deshalb gibt es heute nur noch wenige Schlangen und keine Drachen mehr[1].
Hintergrund[]
Das Märchen teilt einige Motive mit dem slowakischen Märchen Der Schäfer und der Drache. Auch in diesem Märchen verwendet eine Gruppe von Schlangen, deren König ein Drache ist, eine Pflanze, um einen geheimen Eingang an einem Felsen zu öffnen und einen Raum voller Schätze zu betreten. Auch hier folgt den Schlangen ein Schäfer mit der gleichen Methode und fliegt später, nachdem er die Schlangen geweckt hat, auf dem Rücken des Drachen, bis dieser durch die Hilfe eines magischen Wesens abstürzt und den Schäfer freigibt.
Auch mit dem Roma-Märchen Der Drache gibt es Gemeinsamkeiten. Auch in diesem begegnet der Schäfer jeden Tag einem Zwerg, der ihm Ratschläge für den Kampf gegen den Drachen (und einen Riesen) gibt. Hier ist es aber der Riese und nicht der Zwerg, der das Vieh stielt. Ein anderes Märchen, in dem ein Zwerg vor einem Drachen gerettet wird, ist Die Zwergenhochzeit im Rätrichsboden.
Das Motiv des Drachen, der durch ein bestimmtes Ritual dazu gebracht werden kann, sein Opfer fallen zu lassen, kommt auch in einer Drachensage aus Niedersachsen vor.