Der Drachentödter ist ein Märchen aus der Bukowina.
Handlung[]
Das Märchen handelt von zwei armen Kindern, deren Vater gestorben war. Sie hatten nichts, weshalb sie beschlossen, in ein fremdes Land auszuwandern. Unterwegs kamen sie in einen großen Wald, und als es zu dämmern begann, fanden sie ein großes Haus vor, in dem zwölf Drachen wohnten. Die Kinder legten sich vor dem Hoftor schlafen, und als die Drachen morgens aus dem Tor kamen, um zu jagen, sahen sie die beiden liegen. Sie weckten die Kinder und gaben ihnen Arbeit. Das Mädchen musste kochen und die Hausarbeit erledigen, der Junge wurde Kutscher und musste bei der Jagd helfen[1].
Viele Jahre ging es so, und das Mädchen, das mittlerweile eine schöne Jungfrau geworden war, verliebte sich in einen der Drachen. Sie fürchtete aber, dass ihr Bruder dies nicht gutheissen würde. Eines Tages gab es ein großes Fest, bei dem die Drachen sich stark betranken. Und als alle betrunken unter den Tischen schliefen, schlug der Junge alle Drachen die Köpfe ab. Nur den einen, den seine Schwester liebte, konnte er nicht töten. Das Mädchen hatte alles mitangesehen, sagte aber nichts, da sie fürchtete, dass er sie töten würde, wenn er von ihrer Liebe erfuhr[1].
Der Junge warf die Drachen in den Keller und ging danach aus dem Haus. Kaum war er weg, lief seine Schwester in den Keller und suchte ihren Drachen. Bald kam dieser wieder zu Bewusstsein, fürchtete sich aber davor, den Keller zu verlassen. So ersann der Drache einen Plan, den Bruder loszuwerden. Er befahl dem Mädchen, sich krankzustellen und als Medizin die Milch einer bestimmten Hündin zu verlangen, die sehr weit weg lebte und extrem aggressiv war. Der Drache war sicher, dass die Hündin den Jüngling zerreissen würde[1].
Als der Junge heimkam, klagte die Schwester über Schmerzen in der Brust und erzählte von ihrem Traum, dass nur die Milch der besagten Hündin sie heilen könnte. So ging der Junge also los und fand in einem fernen Land die Hündin. Er zielte mit seinem Gewehr auf sie, doch die Hündin erzitterte vor ihm und bot ihm so viel Milch an, wie er wollte. Er füllte ein Fläschchen damit und sie schenkte ihm noch einen ihrer Welpen[1].
Damit kehrte er nach Hause zurück, sehr zum Erstaunen seiner Schwester. Doch der Drache hatte einen neuen Plan, und so musste das Mädchen nun die Milch einer Bärin verlangen. Auch dieser konnte der Junge Angst machen, so dass sie ihm ihre Milch und ihr Junges gab. Danach schickten sie den Jungen noch zu einer Wölfin, doch auch bei dieser verlief es genau so. Während die Schwester also so tat, als würde sie ihre Krankheit auskurieren, ging der Junge mit den drei Jungtieren in den Wald zur Jagd. Der Drache indes plante, den Jungen selbst zu töten. Doch das Mädchen warnte ihn vor den drei Tieren, die den Jungen schützten. So schlug der Drache nun vor, sie solle als letztes Heilmittel Mehl aus der Teufelsmühle verlangen, in der der Junge die Tiere dann vergessen würde[1].
Die Mühle hatte zwölf Türen, da in ihr zwölf Teufel wohnten. Diese Türen öffneten sich alle, als der Junge der ersten nahe kam, doch er fand hinter der Tür niemanden. Da er von der Reise sehr hungrig war, setzte er sich und briet sich ein Stück Fleisch, das er mitgebracht hatte. Während er dies tat, kam einer der Teufel und fragte ihn was er wolle ("Mehl für meine kranke Schwester") und wer er sei ("Ich heiße: Ichselbst"). Dann bespritzte der Teufel das Fleisch mit dem Blut einer toten Kröte. Doch der Junge nahm das Fleisch und warf es dem Teufel auf die Augen. Er schrie vor Schmerz, und so kam ein zweiter Teufel zu Hilfe und fragte, wer ihm wehgetan hatte. Doch der erste schrie immer "Ichselbst! Ichselbst!" Und so beschloss der zweite Teufel, dass er ihm nicht helfen könne[1].
Am nächsten Tag nahm sich der Junge das Mehl und ging zurück, doch wie der Drache vorhergesehen hatte, vergaß er seine Tiere in der Mühle. Er gab der Schwester das Mehl und ging dann jagen, und als er zurückkehrte war sie gesund. Sie ließ ihm dann ein Bad ein, und kaum dass der Junge darin saß, sprang der Drache mit dem Säbel hinter dem Ofen hervor und griff ihn an. Der Junge flehte, noch kurz aus seinem Gebetbuch ein Gebet zu sprechen und seine Sünden abzubitten zu dürfen. Dies gewährte der Drache, ebenso wie die Bitte des Jungen, noch einmal über sein Leben nachzusinnen. Damit gewann der Junge genug Zeit, dass seine drei Tiere aus der Mühle ausbrechen und ihm zu Hilfe eilen konnten. Sie zerrissen den Drachen in hundert Stücke[1].
Danach grub der Junge drei Löcher. In zwei davon steckte er jeweils zur Hälfe ein Fass, eines für den Drachen und eines für ihn, in das dritte aber seine Schwester, so dass sie sich nicht befreien kann. Dann sprach er zu ihr: "du hast ein schlechtes herz und hast mich wollen tödten lassen. darum sollst du buße thun. das rechte faß gehört mir und das linke deinem abscheulichen drachen. ich will sehen, welches faß du eher mit thränen anfüllen wirst." Als er nach einem Jahr zurückkehrte, war nur das linke Fass voller Tränen, denn sie liebte nur den Drachen, nicht aber ihren Bruder[1].
Ähnliche Märchen[]
Das Märchen entspricht wie das griechische Janni und die Draken, das rumänische Florianu und das litauische Von den Räubern und der Prinzessin, die einem Drachen versprochen war[2] dem Märchentypus ATU 315 (Die treulose Schwester). Auch hier verliebt sich die Schwester oder Mutter des Protagonisten in einen von mehreren Drachen bzw. Räubern, die zusammen leben, und plant mit diesem, ihren Bruder zu töten, indem sie sich krank stellt und, um die Medizin zu besorgen, diversen Gefahren aussetzt. Außerdem hat der Protagonist in beiden Märchen Hilfe von Tieren. Ebenfalls ähnlich ist Die beiden Geschwister und die drei Hunde, jedoch ist die Mord-Methode der Schwester hier eine andere.
Das Motiv der helfenden Hunde oder anderer Tiere kommt auch in Die drei Hunde, Geschwind wie der Wind, Pack-an, Eisenfest und Die zwei Brüder vor.
Quellen[]
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 9. Der Drachentödter in Ludwig Adolf Staufe-Simiginowicz (1855), Volksmärchen aus der Bukowina, Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band 2, Verlag der Dieterichschen Buchhandlung, S. 206-212
- ↑ Zauberschlangen und Drachen in Grikor Chalatianz (1887), Armenische Bibliothek: Märchen und Sagen, Friedrich, S. 10-14