Drachen Wiki
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Manuel Phile Arabische Schlange

Arabische Schlange von Manuel Phile, 16. Jahrhundert

Arabische Schlangen sind geflügelte Schlangen, die in Ägypten und Arabien leben sollen.

Antike[]

Die früheste Erwähnung geflügelter Schlangen in der Wüste zwischen Ägypten und der Levante stammt aus einem Textfragment aus Ninive, das einen Reisebericht der Militärexpeditionen des assyrischen Königs Asarhaddon im Jahr 671 v.Chr. darstellt. Darin werden, neben anderen Schlangen, gelbe Schlangen beschrieben, die ihre Flügel ausbreiten. Jedoch ist zu beachten, dass das Wort für Schlange auf der Steintafel nicht erhalten ist. Manche Forscher vermuten, dass die Schlussfolgerung, es müsse sich um Schlangen handeln, beeinflusst ist durch die Kenntnis der Archäologen über Geflügelte Schlangen in griechischen und hebräischen Quellen, und der Text möglicherweise eigentlich von Vögeln sprach. Aufgrund der verbleibenden Schriftzeichen ist die Interpretation als Schlange jedoch naheliegend[1].

Die älteste umfangreiche Beschreibung liefert der griechische Historiker Herodot von Halikarnassos im 5. Jahrhundert v.Chr. Herodot beschrieb in seinen Historien, dass nahe Buto in Ägypten Geflügelte Schlangen (altgr.: πτερωτῶν ὀφίων, pterōtōn ophiōn) in Weihrauchbäumen leben. Um den Weihrauch zu ernten, müssen sie zuerst mit Storax-Rauch vertrieben werden. Herodot beschreibt die Schlangen ähnlich Nattern (altgr.: ὕδρος, hydros), allerdings mit fledermausartigen Flügeln. Wenn sie nach Ägypten fliegen, werden sie von Ibissen gefressen[2].

Winged Collar Amulet (Tutankhamun 2012)

Amulett in Form einer geflügelten Uräus-Schlange, 14. Jahrhundert v. Chr.

Dabei gibt Herodot jedoch auch an, dass er nur die Knochen der Schlangen gesehen hat. Philip Senter vermutet, dass die Schlangen, sofern sie nicht ein reines Fabelwesen sind, in Wahrheit Kobras sind, deren Haube an Flügel erinnern kann[3]. Zu Herodots Zeit war Buto ein Heiligtum der Göttin Wadjet, die als geflügelte Uräusschlange dargestellt wurde.

Megasthenes beschreibt, dass der Urin der fliegenden Schlangen die Haut irritiert und Wunden auslösen kann. Laut ihm leben die Kreaturen in Indien[4]. Der Text ist durch ein Zitat in Aelians Tiergeschichten überliefert[5].

Isidor von Sevilla bezeichnet die geflügelten Schlangen als Sirenae und beschreibt sie nach den Sirenen der griechischen Mythologie. Laut ihm tötet ihr Gift, noch bevor man den Schmerz des Bisses spürt[6].

Frühe Neuzeit[]

Pierre Belon Drache

Abbildung eines Drachen von Pierre Belon (1557)

Julius Caesar Scaliger beschrieb 1557, dass fliegende Schlangen in den Bergen zwischen Narasinga und Malabar in Indien leben, die Menschen töten können, indem sie nur atmen oder sie ansehen. Auch in den Pyrenäen sollen fliegende Schlangen leben[7]. Vermutlich basiert diese Beschreibung auf Megasthenes Texten[8].

Ebenfalls im Jahr 1557 veröffentlichte der französische Naturforscher Pierre Belon ein Buch mit Zeichnungen von Tieren, die er auf seinen Reisen durch den nahen Osten gesehen hatte[9]. Diese Illustrationen verwendete er später auch in seinem Reisebericht, den er 1588 veröffentlichte. Unter den Illustrationen war auch eine Abbildung eines Drachen, den er in ausgestopfter Form in Ägypten gesehen hatte. Diese geflügelten Schlangen, wie Belon das Tier beschrieb, sollen jedes Jahr von Arabien nach Ägypten fliegen. Dabei zitiert er einige Details aus Herodots Bericht[10].

Conrad Gessner Schlangenbuch

Gessners Kopie von Belons Drachen

Während Herodots Berichte sowohl im klassischen Griechenland als auch in der Renaissance oft kopiert wurden war Belon der erste, der angab, selbst ein solches Tier gesehen zu haben. Damit erregte er viel Aufsehen, und seine Zeichnung wurde oft kopiert. Der Schweizer Arzt Conrad Gessner gab Belons Bericht in seinem Schlangenbuch (1589) wieder, zusammen mit seiner eigenen Kopie von Belons Zeichnung. Er gibt auch an, dass das gemeine Volk diese Tiere als Drachen bezeichnet, und listet sie entsprechend in dem Kapitel über Drachen. Er ergänzt die Beschreibung außerdem mit anderen Berichten von fliegenden Schlangen[8]. Auch Edward Topsell kopierte die Abbildung, vermutlich von Gessner, in seiner History of serpents (1608). Er gibt auch Isidors Beschreibung der Sirenae wieder[11].

Der italienische Naturforscher Ulisse Aldrovandi erwähnte ebenfalls Belons Beschreibung in seiner Serpentum et Draconum Historiae (1640), in der er wie auch Gessner den Drachen selbst abzeichnete. Zudem gibt Aldrovandi an, selbst ein ausgestopftes Exemplar eines Drachen aus Äthiopien zu besitzen. Dieser wurde ihm von Franciscus Centensi geschenkt. Er beschrieb ihn mit grünen Schuppen, zwei krallenbewehrten Füßen und zwei flugtauglichen Flügeln[12][13]. In Athanasius Kirchers Mundus subterraneus kommt eine ähnliche Abbildung vor, die er jedoch unter dem Namen Draco Helveticus als Pilatusdrachen identifiziert[14][15].

20. Jahrhundert[]

Dimorphodon weintraubi by ladalbarran2000 de94tlo

Rekonstruktion des Pterosauriers Dimorphodon weintraubi, von Luis Arturo Dávalos

Basierend auf Topsells Illustration wurde der Drache von Kreationisten mehrmals als Dinosaurier oder Pterosaurier interpretiert, um zu beweisen, dass diese vor 65 Millionen Jahren ausgestorbenen Tiere zeitgleich mit Menschen auf der Erde lebten. Den Anfang dazu machte Bill Cooper 1992, der den Drachen für einen Tyrannosaurus hielt, während spätere Autoren ihn wahlweise als Dimorphodon (Goertzen 1998[16]) oder als "Land-Dinosaurier" (Gilmer 2011[17]) betitelten. Ähnlichkeiten zu den genannten Tieren halten jedoch keiner Überprüfung stand[13].

Tatsächlich scheint es sich bei den Drachen um Fälschungen zu handeln, die aus Teilen verschiedener Tiere zusammengesetzt wurden. Die Bauchschuppen identifizieren Hals, Körper und Schwanz der abgebildeten Tiere eindeutig als Teile von Schlangen. Aldrovandi beschreibt die Schuppen am Rücken grün-schwarz und am Bauch eher gelblich, was zu keiner ägyptischen Schlangenart passt. Senter & Klein (2014) vermuten, dass möglicherweise ein Exemplar von Jamesons Mamba verwendet wurde, die in Zentralafrika bis Südsudan verbreitet ist. Dies kann jedoch nicht sicher gesagt werden[13].

Da Schlangenkörper nicht so dick sind wie die abgebildeten Drachen, wurde der Körper vermutlich ausgestopft. Die flexible Haut der Schlangen verhinderte, dass er dabei beschädigt wurde. Der Kopf des Drachen ist eindeutig nicht der einer Schlange, da er säugetierartige Form, spitze Zunge und Ohrmuscheln besitzt. Vermutlich wurde ein Säugetierschädel mit der Schuppenhaut der Schlange überzogen. Die hundeartige Kopfform und vor allem die Bezahnung des Schädels deuten auf einen Flughund hin. Am wahrscheinlichsten halten Senter & Klein den Palmenflughund, der in Äthiopien verbreitet ist, da dessen Schädel eine ähnliche Größe hat wie der der Mamba[13].

Die Flügel des Drachen erinnern an die Flossen des Flughahns, eines Fisches, der auch im Mittelmeer zu finden ist. Die Beine stammen vermutlich von Säugetieren wie Hunden oder Hasen, die ebenfalls mit der Haut einer Schlange überzogen wurden[13].

Tatsächich wurden die Schlangen auch von seriösen Forschern mit ausgestorbenen Tieren in Verbindung gebracht. So vermutet Karen Radner, dass die ursprünglichen Beschreibungen von Herodot (der explizit angibt, nur die Knochen der Schlangen gesehen zu haben) und Asarhaddon auf Fossilien basieren, die im Machtesch Ramon Krater gefunden wurden. Dieser Ort passt räumlich zu den Beschreibungen aus beiden antiken Quellen und ist der Fundort der ausgestorbenen Salamander-Art Ramonellus longispinus, die einen langen, schlangenartigen Körper hat. Aus Funden im nahegelegenen Timna ist bekannt, dass Fossilien von wirbellosen Tieren im dortigen Hathor-Tempel dargebracht wurden, wodurch man sicher sein kann, dass die Existenz von Fossilien in der Region bereits in der Antike bekannt war[1].

Galerie[]

Quellen[]

  1. 1,0 1,1 Karen Radner (2007), The Winged Snakes of Arabia and the Fossil Site of Makhtesh Ramon in the Negev, Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes Vol. 97, Festschrift für Hermann Hunger zum 65. Geburtstag gewidmet von seinen Freunden, Kollegen und Schülern (2007), Universität Wien, https://www.jstor.org/stable/23861425
  2. Herodot (5. Jahrhundert v.Chr.), ἱστορίαι (historíē)
  3. Philip J. Senter (2013), Dinosaurs and pterosaurs in Greek and Roman art and literature? An investigation of young-earth creationist claims, Palaeontologia Electronica, https://doi.org/10.26879/403
  4. Megasthenes (3. oder 2. Jahrhundert v.Chr.), Ἰνδικά (lat.: Indica)
  5. Claudius Aelianus, Περὶ ζῴων ἰδιότητος
  6. Isidorus Hispalensis (ca. 623), Etymologiae
  7. Julius Caesar Scaliger (1557), Exotericarum exercitationum
  8. 8,0 8,1 Conrad Gessner (1589), Schlangenbuch, Froschauer
  9. Pierre Belon (1557), Portraits d’Oiseaux, Animaux, Serpents,Herbes, Arbres, Hommes et Femmes, d’Arabie &Egypte, Observés par P. Belon du Mans
  10. Pierre Belon (1588), Les Observations de Plusieurs Singular-ités et Choses Mémorables, Trouvées en Grèce,Asie, Judée, Egypte, Arabie & Autres Pays Etrangés
  11. Edward Topsell (1658), The history of four-footed beasts and serpents
  12. Ulisse Aldrovandi (1640), Serpentum et Draconum Historiae
  13. 13,0 13,1 13,2 13,3 13,4 Philip J. Senter, Darius M. Klein (2014), Investigation of claims of late-surviving pterosaurs: the cases of Belon’s, Aldrovandi’s, and Cardinal Barberini’s winged dragons in Palaeontologia Electronica, Vol 17, Issue 3, https://doi.org/10.26879/461
  14. Athanasius Kircher (1665), Mundus subterraneus, quo universae denique naturae divitiae
  15. Hole Rößler (2013), Ira Dei ex machina Athanasius Kirchers „Drachen“ als boundary objects frühneuzeitlicher Wissensfelder in Tina Asmussen, Lucas Burkart, Hole Rößler (2013), Theatrum Kircherianum: Wissenskulturen und Bücherwelten im 17. Jahrhundert, Harrassowitz Verlag, ISBN 978-3447100069
  16. John Goertzen (1998), The rhamphorhynchoid pterosaur Scaphognathus crassirostris: a “living fossil” until the 17th century?, S. 253-269 in Walsh, R.E. (ed.), Proceedings of the Fourth International Conference on Creationism, Creation Science Fellowship
  17. James E. Gilmer (2011), 100 Year Cover-up Revealed. We Lived with Dinosaurs!, AuthorHouse
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