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Alexander und seine Männer bekämpfen eine Horde drachenartiger Monster, Abbildung aus dem Le livre et la vraye hystoire du bon roy Alixandre. Vermutlich handelt es sich um Skorpione, ca. 1420

Alexander der Große (griechisch Ἀλέξανδρος ὁ Μέγας Aléxandros ho Mégas, arabisch/persisch Iskandar oder Iskander, * 20. Juli 356 v. Chr. in Pella, Makedonien; † 10. Juni 323 v. Chr. in Babylon, Alexanderreich) war von 336 v. Chr. bis zu seinem Tod König von Makedonien und Hegemon des Korinthischen Bundes. Im Laufe seines zehnjährigen Eroberungsfeldzuges, des Alexanderzuges, bereiste er den nahen Osten bis Indien und begründete damit das Alexanderreich, welches Makedonien, Ägypten und das Altpersische Reich vereinte. Dabei hinterließ er einen bleibenden Eindruck bei vielen Völkern, denen er begegnete, wodurch ihm in der Mythologie und Literatur zahlreiche Taten angedichtet wurden, zu denen auch das Töten von Drachen gehört.

Antike[]

Keine der antiken Biographien Alexanders des Großen von Autoren wie Diodor, Quintus Curtius Rufus oder Marcus Iunianus Iustinus erwähnt eine Begegnung mit Drachen, jedoch erwähnen letztere beide enorme Schlangen in Indien, die aber immer als opheis (lat.: Schlangen) und niemals als draco (lat.: Riesenschlange, Drache) bezeichnet werden[1]. Alexanders Begleiter Nearchos und Aristobulos von Kassandreia beschreiben, dass im Fluss Akesines (heute Chanab) Riesenschlangen von 70 Ellen Länge leben, und laut Onesikritos berichtete die Gefolgschaft von König Abisares, dass der König sogar 80 oder 140 Ellen lange Schlangen besitze. Obwohl Alexander begierig ist, diese zu sehen, berichtet Onesikritos nicht von einer solchen Begegnung[2][3].

Megasthenes, der als Gesandter von Alexanders Nachfolger Seleukos I. am Hof von König Chandragupta Maurya verweilte, berichtete von Riesenschlangen, die groß genug waren, um Rinder und Hirsche zu verschlingen. Vermutlich handelt es sicher hierbei um die Grundlage der später bei Flavius Philostratos erwähnten Indischen Drachen, welche sogar Elefanten verschlingen können[2].

Laut Maximos von Tyros (2. Jahrhundert n. Chr.) fütterten die Inder zur Zeit Alexanders einen 5 Plethren (ca. 150m) langen Drachen täglich mit mehreren Ochsen und Schafen[4]. Der Drache soll dem Gott Dionysos heilig sein. Damit könnte Shiva, der seit dieser Zeit oft mit Dionysos gleichgesetzt wurde, gemeint sein. Shiva, der selbst mit Schlangen assoziiert wird, wurden unter dem Namen Rudra ebenfalls Rinder geopfert[2].

Auch der römische Autor Aelian (175 - 235) berichtet, dass Alexander der Große in Indien auf einen 70 Ellen (ca. 31m) langen Drachen (altgr.: δράκων, drakon) traf, der in einer Höhle von Menschen angebetet wurde. Die Inder flehten Alexander an, den Drachen nicht zu töten. Er erhörte ihre Bitte, dennoch versetzte der Drache die Männer des Königs mit seinem Fauchen in Angst und Schrecken. Seine Augen sollen die Größe makedonischer Schilde gehabt haben[5][6]. Wie in vielen anderen Fällen gibt Aelian hier vermutlich eine Sage wieder anstatt einer historischen Tatsache[1], jedoch ist noch immer Onesikritos Beschreibung als Kern der Erzählung erkennbar[2].

Die Historiker Diodor und Quintus Curtius Rufus beschreiben, dass während Alexanders Belagerung der Stadt Tyros ein Seemonster (Ketos) angespült wurde und kurz darauf seinen Weg zurück ins Meer fand. Sowohl die mazedonischen Belagerer als auch die Verteidiger interpretierten dies als Zeichen, Poseidon auf ihrer Seite zu haben[7][8].

Mittelalter[]

Im mittelalterlichen Alexanderroman wird die Geschichte von der Anbetung des Drachen weiter ausgeschmückt. So beschreibt z.B. eine syrische Version aus dem 6. Jahrhundert, dass Alexander und sein Gefolge zehn Tage nach dem Verlassen des Landes Prasiakê an einen Berg kamen, in dem laut den Anwohnern ein Gott in Gestalt eines Drachen lebte, der das Weiterreisen in das nächste Land unmöglich machte. Nachdem die Anwohner ihm mitteilten, dass der Drache (neben unzähligen Menschen und sogar Elefanten, die er mit seinem Atem anzog) jeden Tag zwei geopferte Ochsen am Stück verschlang, ersann Alexander eine List. Am nächsten Tag sollten ihm nur zwei Kälber geopfert werden, damit der Drache hungrig bleibt. Als der Drache nun hungrig nach weiterer Beute suchte, ließ Alexander zwei tote Ochsen mit Ätzkalk, Bitumen, Blei und Schwefel füllen. Sofort nachdem der Drache diese verschlungen hatte, rollte er auf den Rücken und blieb mit offenem Maul liegen. Dann ließ Alexander Bronzekugeln erhitzen und in das Maul werfen, und der Drache starb daran. So konnte er das Gebirge überwinden und die Stadt "Alexandria, Königin der Berge" gründen[9][10].

Hierbei handelt es sich um eine Variante eines Sagenmotivs, das auf die biblische Episode von Daniel und dem Drachen zurückgeht[11][12]. Das Motiv des Drachen als Grenzwächter ist auch auf Münzen der Könige von Kuschana als "Geist der Chorasangrenze" und "Grenzwächter von Chorasan" zu finden, jedoch ist die Gestalt dieses Wächters nicht überliefert. Auch der buddhistische Missionar Madhjantika muss zunächst den Nagakönig Aravala überwinden, um nach Kaschmir zu gelangen. Christoph Stöcker sieht auch Parallelen zur gnostischen Vorstellung des Drachen als König der Finsternis, wie sie z.B. in den Philippusakten zu finden ist[10]. Bezüglich der Gestalt des Drachen ist anzumerken, dass im äthiopischen Alexanderroman von einer großen Schlange die Rede ist, was sich mit frühmittelalterlichen Drachenvorstellungen deckt, während eine hebräische Version ein Monster mit dem Körper eines Löwen und Händen und Füßen eines Menschen beschreibt, welches Pech auf Alexander speit[11].

TanninRabbit

Der Drache und der gehörnte Hase, 1717

Abū l-Qāsem-e Ferdousī erzählt im Schāhnāme (1010) ebenfalls eine Variante dieser Legende. Laut ihm tötete Alexander den Drachen, indem er ihm fünf Ochsenhäute, gefüllt mit Gift und Naphtha, fütterte. Auch anderere Helden aus dem Schāhnāme verwenden solche Methoden, z.B. Rostam[13] und Ardaschir[10].

Im Koran wird berichtet, wie Dhū l-Qarnain, der oft mit Alexander gleichgesetzt wird, Gog und Magog bekämpfen muss, zwei Völker, die immer wieder Städte angriffen und Menschen töteten. Er baute eine hohe Mauer aus Fels, die sie nicht überwinden konnten[14]. Gemäß einer Variante dieser Sage, die z.B. bei at-Tabarī und Yāqūt ar-Rūmī vorkommt, schenkt Gott den beiden Völkern seitdem jeden Frühling einen Drachen, von dessen Fleisch sie dann ein Jahr essen können[15][16].

Al-miraj and Serpent

Der Drache verschlingt den Köder. Darunter ist der gehörnte Hase abgebildet. ca. 1750 - 1770

Mehrere arabische und persische Autoren beschreiben eine Variante der Sage aus dem Alexanderroman, laut der Alexander einst von den Einwohnern der Dracheninsel (ar.: al-Mastashkīn) im Kaspischen Meer (laut Zakariya al-Qazwini im Persischen Golf) um Hilfe gebeten wurde, weil ein feuerspeiender Drache alle ihre Rinder und Kamele fraß. Jeden Tag opferten sie ihm zwei Rinder, die der Drache, der einer schwarzen Wolke glich, verschlang[17][18][19][20].

Alexander ließ die Leute in dieser Version am zweiten Tag nur zwei magere Kühe opfern, wodurch der Drache hungrig blieb. Am dritten Tag füllte er die Häute von Rindern mit Fichtenharz, Schwefel, Kalk und Arsenik, außerdem spickte er das ganze mit eisernen Haken. Diese Pakete legte er dort nieder, wo sonst die Rinder geopfert wurden, und der Drache verschlang sie ebenfalls. Da bohrten sich die Haken in seinen Magen und sein Feuer flammte im Körper auf. So geschwächt konnte Alexander den Drachen mit glühenden Eisenstangen aufspießen. Voller Dankbarkeit schenkten die Menschen Alexander viele Geschenke, darunter einen gehörnten Hasen (arab.: المعراج, al-mi'raj)[17][18][19][20].

Das Epos "İskendernāme" (1390) des türkischen Dichters Tāǧ ed-Dīn Ibrāhīm Aḥmedī erzählt, basierend auf Nezamis Alexanderbuch und anderen Quellen, eine andere Version der Sage über Alexander (tr.: İskender). In einer der Geschichten verbringt İskender seine Zeit nach der Eroberung Indiens mit dem Abhalten von höfischen Festen, als ein Bote des Königs von Sindh (vermutlich Kanischka I.[21]) auftaucht. Er erzählt von einem Drachen, der seine Heimat heimsucht, und bittet Alexander um Hilfe. İskender reist nach Sindh, um den Drachen zu beobachten. Dann konstruiert er einen hölzernen Ochsenwagen, der mit giftigen Stacheln bedeckt ist. Er trinkt ein Gegengift, und als der Drache die Ochsen angreift, schlägt er die Kreatur mit seinem Schwert. Der Drache wird wütend und greift den Wagen an, vergiftet sich aber an den Stacheln. So kann İskender den bereits geschwächten Drachen mit Schwert und Pfeilen töten[22]. Aḥmedīs Motive basieren vermutlich auf Esfandiyārs Kampf gegen einen Drachen im Schāhnāme, da dieser seinen Wagen mit Schwertern spickt, um den Drachen zu verletzen[23].

Die Le livre et la vraye hystoire du bon roy Alixandre (1420), ein mittelalterlicher Bildband über die Abenteuer Alexanders des Großen, enthält diverse Abbildungen von Alexander und seinen Männern, wie sie gegen Gruppen von drachenartigen Kreaturen kämpfen[24]. Hierbei scheint es sich um Darstellungen einer Episode des Alexanderromans zu handeln, bei der Alexander und seine Gefährten nachts von einer großen Menge an wilden Tieren und Monstern angegriffen werden. So erinnert eine Abbildung achtbeiniger Drachen z.B. an die Darstellungen von Skorpionen in mittelalterlichen Bestiarien[25].

Die griechische Legende, nach der Alexander von Zeus in Gestalt einer Schlange gezeugt wurde, wurde in vielen Werken verarbeitet. In der Les faize d’Alexandre wird Zeus als Westlicher Drache dargestellt[26], die Assoziation des Schlangenkultes im Zusammenhang mit Alexander dem Großen gehen jedoch bereits auf seine Mutter Olympias von Epirus zurück, siehe Makedonische Drachen[27].

Galerie[]

Quellen[]

  1. 1,0 1,1 Philip J. Senter (2013), Dinosaurs and pterosaurs in Greek and Roman art and literature? An investigation of young-earth creationist claims, Palaeontologia Electronica, https://doi.org/10.26879/403
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Christoph Stöcker (1979), Indische Schlangengötter in einer Alexandersage, Würzburger Jahrbücher für die Altertumswissenschaft, Band 5, https://doi.org/10.11588/wja.1979.0.25658
  3. Richard B. Stothers (2004), Ancient Scientific Basis of the “Great Serpent” from Historical Evidence, Isis, Vol. 95, No. 2, S. 220-238, https://doi.org/10.1086/426195, https://www.jstor.org/stable/10.1086/426195
  4. Edward Topsell (1607), History of four-footed beasts and serpents, S. 703
  5. Claudius Aelianus, Περὶ ζῴων ἰδιότητος
  6. Friedrich Tiedemann (1811), Anatomie und Naturgeschichte des Drachen
  7. Diodor (1. Jahrhundert v. Chr.), Βιβλιοθήκη ἱστορική (Bibliothḗkē historikḗ)
  8. Quintus Curtius Rufus (1. Jahrhundert), Historiae Alexandri Magni Macedonis
  9. Pseudo-Callisthenes (4. - 6. Jahrhundert), Alexanderroman, Englische Übersetzung der syrischen Ausgabe, Buch 3, Kapitel 17-18
  10. 10,0 10,1 10,2 Christoph Stöcker (1988), Alexander d. Gr. und der König von Sin. Fragen zum Exkurs im Syrischen Alexanderroman, Würzburger Jahrbücher für die Altertumswissenschaft, Band 14, https://doi.org/10.11588/wja.1988.0.26905
  11. 11,0 11,1 Moses Gaster (1897), An old Hebrew Romance of Alexander, Journal of the Royal Asiatic Society, Vol. 29, Issue 3, S. 485-549, https://doi.org/10.1017/S0035869X00024709
  12. Ahmed K. al-Rawi (2012), The Religious Connotation of the Islamic Dragon, Fabula 53(1-2), http://dx.doi.org/10.1515/fabula-2012-0005
  13. Ehsan Yarshater, Aždahā in Encyclopædia Iranica, Band 3, Fasc. 2, S. 191-205
  14. al-Kahf 83 - 98
  15. Abū Dschaʿfar Muhammad ibn Dscharīr at-Tabarī (ca. 896 - 903), جامع البيان عن تأويل آي القرآن (Dschāmiʿ al-bayān ʿan taʾwīl āy al-Qurʾān) via Ahmed K. al-Rawi (2012), The Religious Connotation of the Islamic Dragon, Fabula 53(1-2), http://dx.doi.org/10.1515/fabula-2012-0005
  16. Yāqūt al-Ḥamawī ar-Rūmī (13. Jahrhundert), معجم البلدان (Kitāb Mu'jam al-Buldān) via Ahmed K. al-Rawi (2012), The Religious Connotation of the Islamic Dragon, Fabula 53(1-2), http://dx.doi.org/10.1515/fabula-2012-0005
  17. 17,0 17,1 Zakariya al-Qazwini (1203), Zakarīyā b. Muḥammad al-Qazwīnī's Kosmographie: nach der Wüstenfeldschen Textausgabe, mit Benutzung und Beifügung der reichhaltigen Anmerkungen und Verbesserungen des Herrn Prof. Dr. Fleischer in Leipzig, aus dem Arabischen zum ersten Male vollständig übersetzt von Dr. Hermann Ethé, Fue's Verlag (1868)
  18. 18,0 18,1 Abu Abd Allah Muhammad ibn Muhammad ibn Abd Allah ibn Idris al-Idrisi (1138 - 1154), نزهة المشتاق في اختراق الآفاق (Nuzhat al-Muschtāq fī ichtirāq al-āfāq) via Ahmed K. al-Rawi (2012), The Religious Connotation of the Islamic Dragon, Fabula 53(1-2), http://dx.doi.org/10.1515/fabula-2012-0005
  19. 19,0 19,1 Abū Ḥafs Zayn al-Dīn ʻUmar ibn al-Muẓaffar Ibn al-Wardī (14. Jahrhundert), Kharīdat al-ʿAjā'ib wa farīdat al-gha'rāib via Ahmed K. al-Rawi (2012), The Religious Connotation of the Islamic Dragon, Fabula 53(1-2), http://dx.doi.org/10.1515/fabula-2012-0005
  20. 20,0 20,1 Ahmad an-Nuwairī (1314 - 1333), نهاية الأرب في فنون الأدب (Nihāyat al-arab fī funūn al-adab) via Ahmed K. al-Rawi (2012), The Religious Connotation of the Islamic Dragon, Fabula 53(1-2), http://dx.doi.org/10.1515/fabula-2012-0005
  21. J. Marquart (1930), Südarmenien und die Tigrisquellen nach griechischen und arabischen Geographen, Mechitharisten-Buchdruckerei, S. 78 f
  22. Tāǧ ed-Dīn Ibrāhīm Aḥmedī (1390), İskendernāme via İsmail Ünver (1983), Ahmedi İskender-Name İnceleme-Tıpkıbasım, Türk Dil Kurumu Yayınları
  23. Serpi̇l Baǧci (2004), Old Images for New Texts and Contexts: Wandering Images in Islamic Book Painting in Essays in Honor of J.M. Rogers, Muqarnas, Vol. 21, Brill, ISBN 9789004139640
  24. Le Livre et le vraye hystoire du bon roy Alixandre (ca. 1420), British Library, Royal MS 20 B XX
  25. Scorpion, Medieval Bestiary
  26. Quintus Curtius Rufus (ca. 1468-1475), Quintus Curtius Rufus, British Library, Burney 169
  27. Ian Worthington (2014), Alexander the Great: Man and God, Routledge, ISBN 9781317866442
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