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Serpiente alquimica

Darstellung aus dem 15. Jahrhundert

Der Ouroboros (griechisch Οὐροβόρος „Selbstverzehrer“, wörtlich „Schwanzverzehrender“; auch Uroboros; von griechisch ourá „Schwanz“ und bóros „verzehrend“; Plural Ouroboroi bzw. Uroboroi) ist eine Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt und mit ihrem Körper dadurch einen Kreis bildet. Als Symbol ist diese bereits im alten Ägypten belegt[1].

Geschichte[]

Ursprünge[]

Die älteste bekannte Ouroboros-Darstellung befindet sich auf einer Amphore, die 1958 in Gangu in China. Sie wird der steinzeitlichen Yangshao-Kultur (5000 - 3000 v. Chr.) zugeordnet[2]. Das Motiv könnte dem Ursprung des Lóng-Motives nahe stehen, jedoch fehlen die dafür typischen Hinterbeine[3][4].

Andere sehr alte Darstellungen des Motivs wurden im Iran gefunden, z.B. in Tepe Giyan und Tepe Bouhallan. Diese stammen aus der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr[5][6][7]. Weitere Beispiele sind aus China (Hongshan-Kultur, Sibirien und der Krim bekannt[8].

Der Historiker Marinus Anthony van der Sluijs und der Physiker Anthony Peratt vermuten, dass es sich bei den frühesten Ouroboros-Darstellungen um Abstraktionen von Polarlichtern handelt[4].

Altes Ägypten[]

Ägyptisches Museum Kairo 2016-03-29 Tutanchamun Grabschatz 09

Ouroboros auf einem Sarkophagschrein des Tutanchamun, 14. Jahrhundert v. Chr.

Die älteste ägypitsche Darstellung eines Ouroboros ist ein Ring aus prähistorischer Zeit[9]. Erst nach Einführung der Schrift lässt sich die Bedeutung, die Ouroboros-Darstellungen zugeschrieben wurde, nachvollziehen. In einem Pyramidentext aus der Zeit um 2300 v. Chr. erwähnt in einem Fluch eine Schlange, die ihren Schwanz im Mund hat[4]. Eine Ouroboros-Darstellung auf einem der Schreine auf dem Sarg Tutanchamuns aus dem 14. Jahrhundert v. Chr stellt die Göttin Mehen dar[10], die in Schlangengestalt die Füße des Königs umringt und die Polarität von Himmel und Erde symbolisiert[11].

Oft bedroht der Ouroboros den Sonnengott, da er als Apophis die Dunkelheit des Duat symbolisiert, die den wässrigen Abgrund von Nun umgibt[12][11][4][13]. Jedoch kann er auch die Sonne selbst darstellen[14]. In jedem Fall hat der Ouroboros eine kosmische Bedeutung[4].

Spätere bekannte Darstellungen aus Ägypten stammen aus magischen Papyri aus der hellenistischen Zeit. Damals symbolisierte der Ouroboros die kosmische Einheit (gr. ἕν τὸ πᾶν, hen to pan, „Eins ist alles“), also die Entsprechung von Mikro- und Makrokosmos. Der Spruch "Eins ist alles" selbst stammt aus einer Ouroboros-Darstellung aus der Chrysopoeia der Kleopatra aus dem dritten Jahrhundert[15][16].

Das Symbol des Ouroboros wurde auch von den Römern übernommen, wo es in magischen Amuletten und Talismanen vorkam[17]. Laut dem römischen Autor Maurus Servius Honoratus repräsentierte das Symbol bei den Ägyptern den Jahreskreis[18]. Horapollon ergänzt hierzu, dass die Schlange sich häutet und damit altert, aber mit den jährlich wiederkehrenden Jahreszeiten sich immer wieder verjüngt[19]. Martianus Capella etablierte schließlich die Darstellung des Ouroboros als Symbol in der Hand des Gottes Saturn[20], die sich bis ins Mittelalter durchsetzte[13]. Abbildungen des Ouroboros in graeco-römischen Artefakten zeigen entweder einen Gott, der die Schlange bekämpft, oder eine Schlange, die einen schützenden Kreis um den Gott bildet[4].

Mystik[]

Ouroboros Chrysopoea der Kleopatra 1

ἕν τὸ πᾶν - Eins ist alles, 10. oder 11. Jahrhundert

Die Darstellung des Ouroboros fand über die magischen Papyri der ägyptischen und griechischen Kultur seinen Einzug in Gnosis und Hermetik und davon über die Alchemie auch in die Magie der Renaissance.

Der Ouroboros ist hier ein Symbol für einen in sich abgeschlossenen Prozess, der von Mystikern darum als perfektes, weil autarkes, Wesen angesehen wird. Der Ouroboros braucht keine Wahrnehmung, da außerhalb seiner nichts existiert, keine Nahrung, da er sich selbst bzw. seine eigenen Ausscheidungen frisst, und keine Gliedmaßen, da es keinen Ort außerhalb ihm selbst gibt, zu dem er sich bewegen könne. Dabei beziehen sie sich oft auf Platon, der in seinem Timaios die erste Lebensform folgendermaßen beschreibt:

"Demjenigen lebendigen Wesen, welches alles andere Lebendige in sich fassen soll, dürfte nun wohl auch eine Gestalt angemessen sein, welche alle anderen Gestalten in sich faßt. Deshalb drehte er sie denn auch kugelförmig, so daß sie von der Mitte aus überall gleich weit von ihren Endpunkten entfernt war, nach Maßgabe der Kreisform, welche von allen Gestalten die vollkommenste und am meisten sich selber gleiche ist, indem er das Gleiche für tausendmal schöner als das Ungleiche hielt; "
―Platon - Timaios[[1]]

Jedoch gibt es keine Belege, dass diese Lebensform tatsächlich mit dem Ouroboros gleichzusetzen ist.

Clavis-Artis-1

Darstellung aus dem Clavis Artis, 1738

Der gnostische Text Pistis Sophia beschreibt den Ouroboros als einen zwölfteiligen Drachen, der die Erde umschlingt, was an die Weltenschlange Jormungand und andere den Ozean symbolisierende Schlangen der Chaoskampf-Tradition erinnert[10][4]. So scheinen z.B. auch zum biblischen Leviathan Parallelen zu bestehen[16], der in der Bibel als gewunden beschrieben wird. Mittelalterliche jüdische Quellen schreiben ihm zu, seinen Schwanz im Maul zu tragen und sich so um den Ozean zu winden[21][22]. Auch in den apokryphen Thomasakten wird eine Schlange beschrieben, die den Ozean umschlingt und ihren Schwanz im Mund trägt[23][16], und auch Quiricus und Julitta treffen auf einen solchen Drachen[16]. Alexander der Große soll laut manchen Versionen des Alexanderromans eine riesige Schlange (den Ozean) gesehen haben, die ein Gebäude (die Erde) umschlingt[24]. Das Motiv der weltumschlingenden Ozeanschlange ist daneben in Indien (Nāga Shesha), Sumatra, Benin (Ayida-Weddo), bei den Warao Venezuelas und den Shipibo-Conibo Perus bekannt[4].

Jedoch beschreibt die Pistis Sophia auch die Sonne als Drachen, der sich selbst in den Schwanz beisst und von vier Kräften in Gestalt weißer Pferde gezogen wird[25], was eher auf eine positive Bedeutung hinweist[16].

Der Ouroboros aus einer Ausgabe Chrysopoeia der Kleopatra[15] aus dem 11. Jahrhundert wird mit seiner schwarzen und weißen Hälfte[16] in der Gnosis als Symbol für die Dualität des Lebens angesehen und mit dem Stein der Weisen, den die Alchemie sucht, in Verbindung gebracht.

Astrologie[]

In der indischen, persischen und arabischen Astrologie ist der Drache der Mondknoten, Gozihr, ein wichtiges Symbol. Dabei stellen die beiden Mondknoten, also die die Schnittpunkte der Mondbahn mit der Ekliptikebene, den Kopf und Schwanz des Drachen dar. Während die Position der Mondknoten bei einer Mondfinsternis nur eine halbkreisförmige Schlange ergibt, bildet sie bei einer Sonnenfinsternis einen vollständigen Ouroboros[13].

Eine chaldäische Variante aus dem 12. Jahrhundert beschreibt die "drachenartige Seele" (gr.: pneuma drakontoeidés) des Kosmos, auch Athalia (von akk.: attalû, Sonnen- oder Mondfinsternis) genannt. Athalia ist ein Drache mit zwei Köpfen und zwei Schwänzen, wobei ein Paar die Sternbilder Waage und Stier umschließt, das andere Skorpion und Widder. Damit bildet es einen doppelten Ouroboros[13].

Der belgische Historiker Franz Cumont sah den babylonischen und chaldäischen Himmelsdrachen (lat.: draco caelestis) als Ursprung des Ouroboros der griechischen Astrologie[26]. In dieser ist der Ouroboros das Symbol für die neunte Sphäre des Himmels[16].

Alchemie[]

Ouroboros

Stich von Lucas Jennis aus De Lapide Philosophico, 1625

Die älteste Erwähnung des Ouroboros-Symbols in einem alchemischen Kontext stammt aus den Leidener Papyri V und W (ca. 250 - 350 n. Chr.), wo das Symbol jedoch eher mit Magie als Alchemie in Verbindung steht[27][16].

In der Alchemie symbolisiert der Ouroboros den in sich abgeschlossenen Wandlungsprozess der Materie, der im Erhitzen, Verdampfen, Abkühlen und Kondensieren einer Flüssigkeit zur Verfeinerung von Substanzen dienen soll. Speziell steht er für eine Verbindung aus Kupfer und Silber, die mit Quecksilber erhitzt wird[28].

In der Alchemie gibt es oft auch eine Variante des Symbols, in der sich zwei Schlangen gegenseitig in den Schwanz beissen, wobei die obere Schlange als Zeichen der Flüchtigkeit oft Flügel hat.

Analytische Psychologie[]

In der Analytischen Psychologie ist der Ouroboros ein Symbol für die frühkindliche Entwicklungsphase, in der die Differenzierung zwischen dem Selbst und der Außenwelt noch nicht ausgeprägt ist. Auch eine Geschlechtsidentität ist noch nicht vorhanden. Erst mit dem Entstehen des Ich-Bewusstseins wird die ouroborische Phase beendet.

Ähnliche Schlangen[]

  • Die Midgardschlange Jormungand aus der nordischen Mythologie liegt um die Welt gerollt und beisst sich in den eigenen Schwanz.
    • Vergleichbare Schlangen finden sich auch in anderen Mythen, z.B. die Weltenschlange aus der Mythologie einiger Südamerikanischer Ureinwohner, die oft eine Anakonda ist[29].
  • Nach manchen Überlieferungen beisst sich auch die Schlange, die Ragnar loðbrók getötet hat, in den eigenen Schwanz. Später wird Ragnars Sohn mit einem Ouroboros-Symbol im Auge geboren, weshalb er ihn Sigurðr ormr í auga (dt. Sigurd Schlange-im-Auge) nennt[30].
  • Es gibt in manchen Mythologien auch Schlangen, welche sich nicht nur in den eigenen Schwanz beißen, sondern dann auch wie in Rad rollen können. Dies ist das bezeichnende Merkmal der Hoop snake aus der Mythologie amerikanischer Holzfäller, wird jedoch auch der Amphisbaene, der Tsuchinoko und dem Lindorm nachgesagt.
    • Ein ähnliches Verhalten wurde erst im Jahr 2023 bei der realen Zwergschlangen-Art Pseudorabdion longiceps nachgewiesen[31].
  • Im Staffelberg in Oberfranken soll ein riesiger Fisch leben, der wie ein Ouroboros seinen Schwanz im Maul trägt. Eines Tages, wenn er es nicht mehr aushält, zusammengerollt zu liegen, lässt er den Schwanz los und streckt sich. Dadurch soll der Berg zerstört und der See darin über das ganze Frankenland verteilt werden[32].
  • Der Drachentöter Samson von Dol soll mehrere Drachen zuerst gezähmt und dann getötet haben. Mindestens zwei davon bissen sich selbst in den Schwanz, sobald er Macht über sie hatte.

In der Populärkultur[]

  • Im Videospiel SMITE hat Jormungandr einen Skin namens Ouroboros.
  • Augoboros ist ein Monster aus Yo-Kai Watch, das in der typischen Stellung eines Ouroboros auftritt, jedoch ohne sich in den Schwanz zu beißen.
  • Der Holzstich Draak (niederländisch für Drache) des Künstlers M. C. Escher zeigt einen Drachen, der sich selbst in den Schwanz beißt.
  • In Der Bücherdrache hat der titelgebende Drache Nathaviel Alpträume, in denen er sich selbst vom Schwanz her auffrisst.

Quellen[]

  1. Alexandre Piankoff: The Shrines of Tut-Ankh-Amon (= Bollingen Series 40, 2, ZDB-ID 844375-0 = Egyptian religious Texts and Representations 2). Pantheon Books, New York NY 1955, Taf. 48.
  2. Vadime Elisseeff, Marie-Thérèse Bobot (1973), Trésors d'art chinois: récentes découvertes archéologiques de la République populaire de Chine, Musée du Petit Palais, Presses artistiques, S. 40
  3. Balaji Mudnkur (1983), The Cult of the Serpent: An Interdisciplinary Survey of Its Manifestations and Origins, SUNY Press, S. 75, ISBN 9780873956314
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 4,6 4,7 Marinus Anthony van der Sluijs, Anthony L. Peratt (2009), The Ourobóros as an Auroral Phenomenon, Journal of Folklore Research, Vol. 46, No. 1, S. 3-41, http://dx.doi.org/10.1353/jfr.0.0026, https://www.jstor.org/stable/40206938
  5. S. Mahdihassan (1963), The Significance of Ouroboros in Alchemy and in Primitive Symbolism, Iqbal, S. 18-47, fig. 18
  6. Pierre Amiet (1966), Elam, Archée, S. 37
  7. Paul Toscanne (1911), Études sur le serpent figure et symbole dans l'antiquité élamite, Leroux, S. 191, fig. 351
  8. Joseph Needham (1980), Science and Civilisation in China, Vol. 5, Cambridge University Press, S. 381, ISBN 9780521085731
  9. W. M. Flinders Petrie (1914), Amulets: Illustrated by the Egyptian collection in University College, London, Constable, fig. 96d, S. 25 & Plate XII
  10. 10,0 10,1 Erik Hornung (1999), The Ancient Egyptian Books of the Afterlife, Cornell University Press, S. 78, ISBN 978-0801485152
  11. 11,0 11,1 Bruno Hugo Stricker (1953), De Grote Zeeslang, Mededelingen en verhandelingen van het Vooraziatisch-Egyptisch Genootschap "Ex Oriente Lux", Brill, S. 7
  12. E. A. Wallis Budge (1904), The Gods of the Egyptians or Studies in Egyptian Mythology, Vol. 1, Methuen & Co, S. 324
  13. 13,0 13,1 13,2 13,3 Marinus Anthony van der Sluijs (2009), The Dragon of the Eclipses — A Note, Culture and Cosmos, Vol. 13, No. 1, S. 62-74, ISSN 1368-6534, http://dx.doi.org/10.46472/CC.0113.0207
  14. Jean Chevalier, Alain Gheerbrant (1996), Serpent in John Buchanan-Brown (1996), A Dictionary of Symbols, S. 846, Penguin, ISBN 978-0140512540
  15. 15,0 15,1 Kleopatra (ca. 3. Jahrhundert), Chrysopoeia, MS Marciana gr. Z. 299, Folio 188v
  16. 16,0 16,1 16,2 16,3 16,4 16,5 16,6 16,7 H. J. Sheppard (1962), The Ouroboros and the Unity of Matter in Alchemy: A Study in Origins, Ambix, Vol. 10, Issue 2, S. 83-96, https://doi.org/10.1179/amb.1962.10.2.83
  17. Erik Hornung (2002), The Secret Lore of Egypt: Its Impact on the West, Cornell University Press, ISBN 978-0801438479
  18. Maurus Servius Honoratus, Servii Grammatici qui Feruntur In Vergilii Carmina Commentarii, B. G. Teubner (1923), S. 603
  19. Hōrapóllōn (5. oder 6. Jahrhundert), The Hieroglyphics of Horapollo, übersetzt durch G. Boas, Princeton Univeersity Press (1969), ISBN 9780691000923
  20. William Harris Stahl, Richard Johnson (1992), Martianus Capella and the Seven Liberal Arts, Columbia University Press, ISBN 978-0231096362, S. 26
  21. Piyyut Weyikkon 'Olam in Robert Graves, Raphael Patai (1964), Hebrew Myths: The Book of Genesis, Cassell
  22. Louis Ginzberg (1925), The Legends of the Jews, Vol. V, S. 45, The Jewish Publication Society of America
  23. Thomasakten (ca. 220 - 230)
  24. Leo von Neapel (10. Jahrhundert), Vita Alexandri Magni, MS L (Leiden Vulcanius 93, 15. Jahrhundert), Übersetzung: Helmut van Thiel (1974), Leben und Taten Alexanders von Makedonien, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, ISBN 9783534047215
  25. Carl Schmidt (1905), Koptisch-gnostiche Schriften, Hinrichs, S. 233
  26. Franz Cumont (1929), De dracone caelesti in Catalogus Codicum Astrologorum Graecorum, Vol. VIII, S. 194ff
  27. M. Berthelot (1889), Introduction a l'Étude de la Chimie des Anciens et du Moyen-Age, S. 9, G. Steinheil
  28. Christa Tuczay (2006), Drache und Greif - Symbole der Ambivalenz, Mediaevistik, Vol. 19, http://www.jstor.org/stable/42586342
  29. Roe, Peter (1986), The Cosmic Zygote, Rutgers University Press
  30. Snerpa.is: ÞÁTTR AF RAGNARS SONUM (isländisch)
  31. Evan Seng Huat Quah, Larry Lee Grismer, M. S. Shahrul Anuar (2023), Observations and description of a rare escape mechanism in a snake: Cartwheeling in Pseudorabdion longiceps (Cantor, 1847) (Squamata, Colubridea), Biotropica, https://doi.org/10.1111/btp.13213
  32. Sigrid Radunz (1983), Der Staffelberg: Wahrzeichen Frankens, Meister-Druck via Sagen & Legenden, Bad Staffelstein
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